Der Stickstoffverbrauch in der Landwirtschaft ist weltweit sehr ungleich verteilt: Reiche Länder nutzen tendenziell zu viel Stickstoffdünger, was Gewässer verschmutzt und die Artenvielfalt verringert, stellt die Uni Göttingen fest. Im Globalen Süden dagegen fehlt es an Stickstoff für ausreichende Ernten.
Eine Studie der Universitäten Göttingen, Helsinki, Chicago und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hat nun ermittelt, dass eine weltweit optimierte Umverteilung des heutigen Stickstoffverbrauchs die Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit global verbessern würde. Demnach könnte eine Umverteilung die Pflanzenproduktion weltweit um 12 % steigern, während die derzeitige Mais-, Reis- und Weizenproduktion mit nur 53 bis 68 % der heutigen Stickstoffmenge aufrechterhalten werden könnte. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift PNAS Nexus erschienen.
Bei korrekter Verteilung würden Erträge in Entwicklungsländern deutlich steigen
Die Wissenschaftler berechneten die optimale Umverteilung des Stickstoffeintrags für die Produktion von Mais, Reis und Weizen zwischen Ländern und subnationalen Regionen. Dafür erstellten sie weltweit Simulationsergebnisse von Pflanzenwachstumsmodellen. Sie modellierten die Getreideproduktion sowohl für das heutige Niveau des Stickstoffverbrauchs als auch für niedrigere, als nachhaltiger angesehene Varianten. Zudem berechneten sie, wie viel Stickstoff ausreichen würde, um das heutige Produktionsniveau aufrechtzuerhalten.
„Wenn der heutige weltweite Stickstoffverbrauch optimal verteilt wäre, würden Länder, die unter deutlicher Ernährungsunsicherheit leiden, achtmal mehr Stickstoff verbrauchen und 110 % mehr Nahrungsmittel produzieren“, erklärt Prof. Dr. Reimund P. Rötter, Leiter der Abteilung Tropischer Pflanzenbau und Agrarsystem-Modellierung der Universität Göttingen. Einige Regionen mit übermäßigem Stickstoffverbrauch würden dagegen nur leicht weniger Lebensmittel herstellen.
Heutiger Verbrauch übersteigt Nachhaltigkeit
„Die Verwendung von Mineraldünger hat in den vergangenen Jahrzehnten ein Ausmaß erreicht, das die Grenzen der Nachhaltigkeit übersteigt“, so Rötter. Reduziert man den weltweiten Stickstoffverbrauch auf 33 bis 43 % – was der als nachhaltig definierten „Planetaren Grenze“ entspricht –, würde sich die globale Nahrungsmittelproduktion um 7 bis 16 % vermindern.
Diese Lücke könnte nach Ansicht des Forschungsteams jedoch geschlossen werden, unter anderem durch stickstoffeffizientere Pflanzen, die Schließung von Nährstoffkreisläufen und Ernährungsumstellung. „Unsere Studie zeigt, dass eine Umverteilung des Stickstoffeintrags die Nahrungssicherheit weltweit erhöhen könnte. Gleichzeitig würde sie den Planeten schützen, indem sie zu hohe Stickstoffdüngung in einigen Regionen verringert“, so Rötter.
Originalveröffentlichung: Helena Kahiluoto et al. Redistribution of nitrogen to feed the people on a safer planet. PNAS Nexus 2024. Doi: https://doi.org/10.1093/pnasnexus/pgae170.