Der umstrittene Verordnungsentwurf zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln der EU-Kommission trifft beim Umweltbundesamt (UBA) auf grundsätzliche Unterstützung. In einer am Mittwoch aktualisierten Stellungnahme macht die Behörde dazu weitere Vorschläge. Danach hält das UBA die weitgehende Einschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten aus „wissenschaftlicher Sicht notwendig.“
Umstellung der Bewirtschaftung in Schutzgebieten
Für die Umstellung der Bewirtschaftung in diesen Schutzgebieten fordert das UBA allerdings Übergangszeiten. Auch Ausnahmen von den Pflanzenschutzverboten soll es dort geben dürfen. „Ausnahmen, in denen eine umweltverträglichere Bewirtschaftung der Flächen unter Verwendung von Pestiziden mit geringem Risikoprofil und der im Ökolandbau zugelassenen Pestizide möglich ist, sind für bestimmte Gebietstypen unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele sinnvoll“, heißt es in der Stellungnahme.
Ökolandbau, Pufferzonen und Gewässerrandstreifen
In Landschaftsschutzgebieten solle die Umstellung auf ökologischen Landbau durch die Mitgliedstaaten besonders gefördert werden, so das UBA weiter. Zudem fordert das UBA Pufferzonen zwischen den Schutzgebieten und intensiv bewirtschafteten Flächen einzurichten. Auch hält das UBA dauerhaft bewachsene Gewässerrandstreifen von mindestens 5 Metern Breite an Oberflächengewässern ohne Ausnahmeregelungen für nötig.
Regional 10 % „pestizidfreie“ Flächen bis 2030
Das EU-weite Reduktionsziel von 50 % des Pflanzenschutzeinsatzes will das UBA auch mit einer regionalen Festlegung von „pestizidfreien“ Flächen erreichen. „Der Anteil dieser Flächen (pestizidfrei bewirtschaftet oder stillgelegt) soll auf regionaler Ebene bis 2030 auf mindestens 10 % der gesamten Anbaufläche ohne Grünland angehoben werden“, heißt es in der Stellungnahme. Mit diesem Flächenziel entstehe keine zusätzliche Anforderung an die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, argumentiert das UBA.
Finanziellen Ausgleich über "Pestizidabgabe"
Um die Akzeptanz der Pflanzenschutzreduktion zu erhöhen, empfiehlt das UBA zusätzliche Finanzmittel zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe. Sie sollen Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes honorieren und einen wirtschaftlichen Nachteilsausgleich auf Betriebsebene liefern. Das Geld dafür soll laut dem UBA nicht aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) genommen werden, sondern zusätzlich von den Mitgliedstaaten gezahlt werden.
Das UBA stellt sich dafür staatliche Fonds vor, die durch eine EU-weite Pestizidabgabe gefüllt werden. „Da einige Mitgliedstaaten eine Pestizidabgabe bereits eingeführt haben, würde diese Maßnahme zu einer Harmonisierung des Europäischen Binnenmarktes führen“, schreibt das UBA in seiner Stellungnahme.
Flächenscharfe Datenübermittlung
Auch für das geplante Register für die Anwendungsdaten von Pflanzenschutzmitteln hat das UBA Anmerkungen. Dieses solle so geändert werden, dass Daten flächenscharf erfasst werden können. Dadurch sollen Zusammenhänge zwischen Pflanzenschutzmaßnahmen, Biodiversität und anderen Standorteigenschaften bewertet werden können. Zugang zu diesen Daten sollen laut UBA thematisch beteiligte Behörden, die Wissenschaft und die Öffentlichkeit zeitlich unbegrenzt haben, um entsprechende Datenauswertungen tätigen zu können.
EU-Kommission will Pflanzenschutzeinsatz halbieren
Die EU-Kommission hatte Ende Juni ihre Vorschläge zur Reform des EU-Pflanzenschutzrechts vorgelegt. Damit will sie das selbstgesteckte Ziel des Green Deals, den chemischen Pflanzenschutzeinsatz bis 2030 um 50 % zu reduzieren, erreichen. In Deutschland treffen die Pläne auf Widerstand. Vor allem die im Kommissionsentwurf vorgestellten Pflanzenschutzverbote in vielen Schutzgebieten haben in der konventionellen Landwirtschaft Sorgen ausgelöst.
Debatte um Auswahl der Schutzgebiete läuft
Laut dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission zählen zu den Schutzgebieten auch Landschaftsschutzgebiete, Natura-2000-, Flora-Fauna-Habitat (FFH)- und Vogelschutzgebiete. Somit könnten die Verbote mehr als ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland betreffen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat bisher angedeutet, dass es sich dafür einsetzen will, dass Landschaftsschutzgebiete von den Verboten ausgenommen werden.