Der Juli ist um 30 % nasser gewesen als die letzten Jahre, meldet der Deutsche Wetterdienst (DWD). Der Anteil an pflanzenverfügbarem Wasser (bis 25 cm Tiefe) beträgt somit auch in weiten Teilen Deutschlands über 50 %, wie der Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung zeigt.
Wetter: nass und warm
Die nass-warme Witterung erschwert nicht nur die Ernte, sondern lässt auch die Qualitäten teils rapide sinken. „Es ist deutschlandweit Auswuchs-Wetter“, fasst Dr. Ute Kropf von der Fachhochschule Kiel die Lage zusammen. Das zeigt sich in den sinkenden Fallzahlen.
Im gequollenen Korn finden noch auf dem Halm enzymatische Prozesse statt, die die Keimhormone aktivieren und die Stärke in Zucker umwandeln. Nach ein paar Tagen brechen Spross- und Wurzelanlagen des Getreides unter der Samenschale hervor. Im Raps erscheinen gleich die Keimblätter.
So entsteht Auswuchs
Auswuchs entsteht wenn die primäre Keimruhe beendet ist. Diese ist insbesondere bei Weizen und Roggen nur von kurzer Dauer und endet meist schon vor dem Drusch. „Weizen und Roggen sind somit stark durch Auswuchs gefährdet“, sagt Kropf. Lagerstellen die schlecht abtrocken sind früher stärker von Auswuchs betroffen als der stehende Bestand. Dennoch sinken im stehenden Getreide auch jetzt schon die Fallzahlen.
Da Raps im Gegensatz zum Getreide nur über den Nabelansatz Wasser aufnehmen kann, tritt Auswuchs dort nicht so häufig auf. Dafür entstehen schnell ganze Samenverluste, wenn Regen und Wind die reifen und teils frostgeschädigten Schoten aufschlagen.
Nasses Getreide von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern
In Bayern war das Wetter in der letzten Woche bewölkt, immer wieder unterbrochen von Regenfällen. „Der Weizen ist nun mehr als zur Hälfte geerntet. Aktuell geht es mit der Ernte aber nicht weiter, da das Getreide nicht abtrocknen kann“, sagt Dr. Lorenz Hartl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). In einigen Regionen Bayerns sei Lagergetreide auftreten, aber nicht flächendeckend. „Die Weizenerträge sind zufriedenstellend, aber die Proteingehalte sind schwach“, so Hartl.
Auch im Nordosten ist es nass zur Ernte. „In Mecklenburg-Vorpommern wurde erst ein Bruchteil des Weizens geerntet“, berichtet Dr. Volker Michel von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern. „Die Fallzahlen sinken aktuell stark, aber da das Getreide jeden Tag von Neuem durchnässt wird, können die Landwirte nicht dreschen“, sagt er. Die ersten Weizenflächen der Landessortenversuche habe man mit 20 % Feuchte gedroschen.
Druschfreigabe für Landwirte der Saalemühle, Sachsen-Anhalt
Leicht sinkenden Fallzahlen bestätigt auch Anja Twietmeyer von der Saalemühle in Alsleben, Sachsen-Anhalt. Sie ist dort Mitglied der Geschäftsführung und mit der Ernte bislang zufrieden. Die Partien seien bislang mit guten Hektolitergewichten angekommen, die Erträge durchschnittlich und die Qualitäten gut gemixt.
„Seit Erntebeginn sind die Fallzahlen von 480 auf 340 gesunken“, so Twietmeyer. Dieser Wert hält sich seit einer guten Woche und sei noch in einem akzeptablen Bereich. Dennoch habe die Mühle schon vor dem Wochenende begonnen, in Absprache mit Landwirten Durum und Weizen mit Überfeuchten zur Qualitätssicherung dreschen zu lassen und zu trocknen, um möglichst viel der Ernte in guten Qualitäten einzubringen.
Wie am besten ernten?
Einige Landwirte nutzen nun Regenpausen, um den Raps zu dreschen – wenn auch nass und teils mit Trocknungskosten verbunden. Doch die Bestände trocknen leichter ab, als die dichteren Weizen- und Roggenflächen.
Und auch in den kommenden Wochen bleibt es wohl wechselhaft mit Schauern und Gewittern sowie Temperaturen zwischen 18 bis 23 °C. Trockenes Standwetter ist also nicht in Sicht.
Je nach Verwertungsziel können stehende Teilflächen separat gedroschen, gelagert und getrocknet bzw. belüftet werden.