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topplus Obst- und Gemüsebau vor Aus?

Bei 15 € Mindestlohn würden Erdbeeren 30 % teurer!

Mit höherem Mindestlohn würden deutsche Erdbeeren so teuer, dass die Kunden nur noch zu spanischen greifen. Zudem entstünde Frust bei den Beschäftigten höherer Gehaltsgruppen, die auch mehr wollen.

Lesezeit: 4 Minuten

Bundeskanzler Scholz hat eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 € ins Gespräch gebracht und sich damit - entgegen früherer Bekundungen - in die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission eingemischt. Von Seiten der landwirtschaftlichen Arbeitgeber kam direkt massive Empörung, denn die Gemüsebranche steht wegen der enormen Kostensteigerungen in nahezu allen Bereichen schon länger mit dem Rücken an der Wand.

Was das für einen Landwirt konkret bedeutet, schildert der Erdbeeranbauer Enno Glantz im Gespräch mit dem Spiegel. Der 79-Jährige bewirtschaftet Felder nordöstlich von Hamburg und in der Nähe von Wismar. Er kennt sich mit der Saisonarbeit aus: Im Winter beschäftigt er 50 Personen, im Sommer zur Ernte können es bis zu 1.400 Mitarbeiter sein. Zwei Drittel seiner Kosten sind Personalkosten.

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Sollte der Mindestlohn nun wirklich auf 15 € steigen, müssten die Erdbeeren 30 % teurer werden, sagt Glantz unmissverständlich. 500 g würden dann 6 € kosten, gegenüber 1,99 € für spanische Erdbeeren, die schon heute im Supermarkt dominieren. Deutsche Ware punktet zwar mit besserer Qualität, „aber irgendwann sind wir bei Preisen, die sich viele Bevölkerungsschichten nicht mehr leisten können“, mahnt der Praktiker. Erdbeeren würden zum Luxusgut.

Für Glantz wäre das nicht nur betrieblich schlimm, sondern auch gesellschaftlich. Er erinnert an die Empfehlung des Bürgerrats, die Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse auf null zu senken, um so einen Beitrag zur Preisreduzierung zu leisten.

Aktuell liegt der Mindestlohn bei uns bei 12,41 €. Mit 15 € wäre er mehr als doppelt so hoch wie in Spanien mit aktuell 6,87 €. In Polen liegt er bei 6,10 €, erinnert der Spiegel. Glantz stellt dazu klar, dass der gesamte Obst- und Gemüsebranche dann in Deutschland nicht mehr rentabel ist. Solch ein Mindestlohn sei existenzbedrohend. „Vielleicht könnten wir uns noch weiter in eine noch kleinere Nische mit Direktvermarktung zurückziehen, um einen Teil des Betriebs zu retten.“

Unmut in der gesamten Arbeitswelt steigt

Ein höherer Mindestlohn bringt aber auch das soziale Gefüge durcheinander. „Es fängt ja beim Erntehelfer an. Wenn der schon 15 € kriegt, sagen die Beschäftigten in den höheren Stufen: Dann will ich auch mehr. Und das funktioniert nicht. 14 € für ein Kilogramm Erdbeeren macht der Verbraucher nicht mehr mit. Feierabend!“, ist sich der Landwirt sicher.

Erfolgreich sei dagegen das heutige Konzept: Mindestlohn plus Mengen- oder Akkord-Zuschläge. Da kämen die Arbeiter auch jetzt schon auf 15 €. Und schon die 12,41 € seien für die ausländischen Saisonarbeiter ein sehr attraktiver Lohn, daher bestehe gar keine Notwendigkeit, das anzuheben. „Die Erntehelfer vergleichen das Lohnniveau nicht mit dem Niveau hierzulande, sondern mit dem in ihrem Heimatland. Die wollen in möglichst kurzer Zeit möglichst viel mit nach Hause nehmen und arbeiten dafür auch gern mal länger als acht Stunden. Die sind ja nicht zum Urlaub hier“, sagt Baltz.

Zwei Mindestlöhne als Lösung?

Er fordert daher von der Politik, dass sie sich eindeutig für den Erhalt positioniert. Dies sei wichtig für die Planungssicherheit der Betriebe. „Ebenso fordern wir von Beginn an, dass es zwei Mindestlöhne gibt: einen, so wie jetzt für alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen auf Basis des Bruttolohns, und einen zweiten, niedrigeren mit einem Abstand von etwa 20 bis 25 %, für die von den Abzügen befreiten kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigungen. Quasi ein Nettomindestlohn. Auf diese Weise haben dann beide Arbeitnehmergruppen endlich netto etwa denselben Betrag pro Stunde. Die Betriebe wie wir, die mit vielen Saisonkräften arbeiten müssen, hätten eine bessere Kostensituation und könnten die Preisentwicklung im Griff behalten.“

Baltz ist aber auch klar, dass ein zweigeteilter Mindestlohn auf die Schnelle nicht umzusetzen sein dürfte. Er wünscht sich daher, dass der Mindestlohn bei den kurzfristigen- beziehungsweise geringfügigen Beschäftigungen so lange eingefroren wird, bis der Abstand von 20 bis 25 % erreicht ist.

„Wir brauchen motivierte und gute Erntehelfer, und dafür haben wir ja unseren Leistungslohn, durch den sie gut verdienen können. Leistung muss sich lohnen, und mehr Leistung muss sich mehr lohnen.“

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