Ein Fall aus Niedersachen sorgte vor einem Jahr in der Branche für Aufsehen. Im Weserbergland soll ein Landwirt ein Rehkitz wissentlich mit dem Mähwerk überfahren haben. Dem Bauern drohten bis zu drei Jahre Gefängnis. (top agrar berichtete):
Das Tierschutzgesetz (TierSchG, insbesondere § 17) verbietet das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund, worunter auch der Mähtod von Rehkitzen fällt. Ein vorsätzlicher Verstoß wird als Straftat mit einem Strafmaß von einer Geld- bis hin zu einer Freiheitsstrafe gewertet. Zur Thematik haben wir folgende Leserfrage erhalten:
Frage:
Wir haben eine Wiese, auf der demnächst der erste Schnitt ansteht. Vorher geben wir immer unserem Jagdpächter Bescheid, damit er die Wiese nach Kitzen absucht, hat er keine Zeit, suchen wir selbst ab. Zudem mähen wir auch immer von innen nach außen. Was ist aber, wenn doch etwas passiert und ein Kitz unter das Schneidwerk kommt? Droht mir dann trotzdem eine Anzeige?
Antwort:
Ist einem Grünlandbewirtschafter bekannt, dass Ricken auf seiner Wiesenfläche üblicherweise ihre Kitze setzen und ablegen, dann hat er zumutbare Vorkehrungen gegen ein Ausmähen der Kitze zu treffen. Anderenfalls kann er sich einer Straftat nach § 17 des Tierschutzgesetzes schuldig machen.
Üblicherweise reicht es, wenn Sie als Landwirt den örtlich zuständigen Jagdausübungsberechtigten mindestens zwei bis drei Tage vor der beabsichtigten Mahd über den Termin informieren. Wissen Sie allerdings, dass der Jagdausübungsberechtigte nicht willens oder zeitlich nicht in der Lage ist, geeignete Kitzrettungsmaßnahmen durchzuführen (zum Beispiel weil sich der Mahdtermin kurzfristig verschiebt), dann dürfen Sie nicht "einfach drauflos mähen". Sondern Sie müssen dann eigenständig zumutbare Maßnahmen zur Kitzrettung ergreifen. Dies beinhaltet zwar nicht die Pflicht zum Drohneneinsatz, aber zumindest die Durchführung einzelner Vergrämungsmaßnahmen einschließlich des Mähens von Innen nach Außen. Als hilfreich hat sich das Anmähen des Randes der Wiesenfläche am Vortag der eigentlichen Mahd, sowie das Aufhängen großer Stofftücher oder leerer Plastiksäcke auf der Wiesenfläche erwiesen. Auch das systematische Absuchen der Wiesenfläche am Morgen der Mahd mittels einer dichten Helferkette mit guten Vorstehhunden ist in der Regel sehr erfolgreich.
Anzeige droht
Alle Vergrämungs- und Rettungsmaßnahmen bieten natürlich keine hundertprozentige Gewähr dafür, dass alle abgelegten Kitze auch tatsächlich erfasst und gerettet werden. Kommt es deshalb trotz Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten und trotz eigener geeigneter und zumutbarer Maßnahmen dennoch zum Ausmähen einzelner Kitze, dann mag es zwar zu einer Anzeige, in der Praxis aber nicht zu einer Verurteilung des Landwirtes durch die Strafverfolgungsbehörden kommen.
Unser Experte: Hans-Jürgen Thies, MdB, Rechtsanwalt, NRW
Wir haben in unserem FAQ zur Kitzrettzung die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst, die Sie als Landwirt wissen müssen:
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