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Pauschalierung und Tarifglättung: WLV kritisiert Steuerpläne der Ampel scharf

Die Regierung will den Pauschalierungssatz auf 7,8 % absenken – trotz der Ankündigung steuerlicher Entlastungen für den Wegfall des Agrardiesels und fragwürdiger Berechnungsgrundlage des Steuersatzes.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Ist das ernst gemeint? Das werden sich viele Landwirte gefragt haben, als herauskam, was die Regierung im Jahressteuergesetz 2024 plant: Nach allen Bauernprotesten und nachdem die Absenkung des Pauschalierungssatzes zur Erleichterung aller Landwirte im Wachstumschancengesetz wieder gestrichen wurde, hält die Ampel am eigentlichen Vorhaben der Absenkung fest – und setzt noch eine Schüppe drauf.

Der am 5. Juni veröffentlichte Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 sieht nicht nur – wie zunächst im Wachstumschancengesetz für Anfang 2024 geplant – eine Absenkung von 9 auf 8,4 %, sondern sogar auf 7,8 % vor. Dies soll eng getaktet in zwei Schritten geschehen:

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  • Einmal von 9 auf 8,4 % einen Tag nachdem das Gesetz in Kraft tritt. Das wird vermutlich Ende dieses Jahres sein, vielleicht sogar erst im Dezember: Zurzeit ist die abschließende Beratung des Regierungsentwurfs zum Jahressteuergesetz im Bundesrat für den 22.11.24 angesetzt.

  • Dann soll er direkt nochmals zum 1.1.2025 von 8,4 auf 7,8 % sinken.

Schon diese enge Taktung erscheint merkwürdig: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich im parlamentarischen Prozess an diesem Vorhaben nichts mehr ändert. Innerhalb weniger Wochen den Vorsteuersatz zweimal zu ändern, das ist allein schon für den Handel quasi nicht umsetzbar und wenn dann mit riesigen Bürokratiekosten verbunden“, so Arno Ruffer vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV).

Verfälschte Datenbasis?

Und auch die Absenkung an sich lehnt der WLV ab, da er den ermittelten Pauschalierungssatz für „verfälscht“ hält. „Nach dem aktuellsten statistischen Material ergibt sich, dass die Vorsteuerbelastung der Betriebe bis 600.000 € Umsatz im Kalenderjahr höher ist als 9,0 %.

Im Schnitt der Jahre 2019 bis 2021 lagen laut Statistik die Umsätze für den Wirtschaftszweig Landwirtschaft, Jagd und verbundene Unternehmen pro Betrieb bei 188.000 € und die sektorale Vorsteuerbelastung bei rund 25.000 €, sodass statt einer Absenkung, eine Anhebung der Vorsteuerpauschale auf mindestens 12,0 % angezeigt wäre“, sagt Steuerberater Arno Ruffer.

Im Regierungsentwurf heißt es hingegen auf S. 212: „Die Überprüfung des Durchschnittssteuersatzes hat ergeben, dass nach den maßgeblichen Daten der Jahre 2020 bis 2022 der Durchschnittssatz für das Kalenderjahr 2025 7,8 % beträgt.“ Die Datenbasis für 2022 ist allerdings bisher nicht veröffentlicht. „Sobald die Daten öffentlich sind, werden wir das nachrechnen“, verspricht Ruffer.

Tarifglättung früher

Positiv zu bewerten sei laut Ruffer hingegen, dass die von der Regierung angekündigte Tarifglättung nicht erst gegen Ende des Jahres im Jahressteuergesetz sondern bereits im Agrarpaket verabschiedet werden soll. So versicherte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs, dass die Koalition sich hinsichtlich der Tarifglättung einig sei, sodass diese noch vor der Sommerpause im Agrarpaket komme. „Damit wird für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft schnellstmöglich Planungssicherheit geschaffen“, so der Minister in der Pressekonferenz.

Höhere Steuerbelastung

Die Bundesregierung rechnet durch den Wegfall der Steuerrückerstattung auf Agrardiesel mit Steuereinnahmen von jährlich rund 453 Mio. €. Nach den massiven Protesten der Land- und Forstwirte hatte sie neben anderen auch steuerliche Entlastungen für die Branche in Aussicht gestellt. Davon scheint nicht viel übrig geblieben zu sein.

Im Gegenteil: Für die geplante Absenkung des Durchschnittssatzes auf 7,8 % rechnet die Bundesregierung laut Entwurf mit Mehreinnahmen von 80 Mio. € in 2025 und ab 2026 sogar mit einem jährlichen Plus von 95 Mio. €.

Die Wiedereinführung der Tarifglättung soll den Landwirten laut eines früheren Entwurfs zum Jahressteuergesetz hingegen lediglich eine Entlastung von 50 Mio. € pro Jahr bringen. Das macht zusammen eine zusätzliche jährliche Steuerbelastung der Landwirtschaft von 45 Mio. € ab 2026.

Keine Risikorücklage

Der Entwurf sieht keine Risikoausgleichsrücklage vor, obwohl Finanzminister Lindner Anfang des Jahres angekündigt hatte, deren Einführung zu prüfen. Daneben vermisst Steuerberater Ruffer vom WLV weitere angekündigte Entlastungen wie die Anhebung der Sonderabschreibungsmöglichkeiten. Sinnvoll wäre aus seiner Sicht zudem, in Anlehnung an die neue Buchführungsgrenze von 800.000 € ebenso die Pauschalierungsgrenze von 600.000 € auf 800.000 € anzuheben.

Auch in der Union stieß der Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz auf scharfe Kritik. So warf der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Steuern und Finanzen im Agrarsektor, Hans-Jürgen Thies, der Regierung laut Agra Europe Wortbruch vor. Anstatt die versprochenen Entlastungen gegenüber der Landwirtschaft durchzusetzen, „zeigt die Bundesregierung einmal mehr ihre Ignoranz gegenüber der grünen Branche“, schlussfolgert er.

Eine Verbesserung gegenüber dem vorherigen Entwurf findet sich allerdings doch noch: Der Referentenentwurf im April sah vor, dass künftige Anpassungen des Durchschnittssatzes automatisch jährlich erfolgen sollen, wenn entsprechende statistische Auswertungen das nötig erscheinen lassen. Dies findet sich im aktuellen Regierungsentwurf nicht mehr. Demnach bliebe es dabei, dass der Bundestag einer Veränderung aktiv zustimmen muss.

„Insgesamt bleibt abzuwarten, was aus dem Regierungsentwurf bis zur endgültigen Verabschiedung des Jahressteuergesetzes im November oder Dezember wird. Dass er in der jetzigen Form beschlossen wird, kann und will ich mir nicht vorstellen“, kommentiert WLV-Steuerexperte Ruffer.

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