Die Verzögerungen bei der diesjährigen Auszahlung der Agrarprämien in Sachsen bringen die Landwirte auf die Palme. Wegen IT-Problemen können die Zahlungen wohl erst im Februar erfolgen, informiert das Grün-geführte Agrarministerium in Dresden.
Dabei haben es die Landwirte lange genauso kommen sehen: Der bürokratische Aufwand hatte zuletzt extrem zugenommen; Praktiker fragten sich, ob das überhaupt noch beherrschbar ist. Dann funktionierte das Programm DianaWeb für die Antragstellung nicht richtig, so dass die Betriebsleiter lange Zeit nur auf ein unfertiges, fehlerhaftes Programm zugreifen konnten. Selbst im Mai waren die Probleme immer noch nicht gelöst und nun kommt das Geld nicht.
Es handelt sich hierbei um 241 Mio. €, die 7.000 Landwirten zum Ende des Jahres fehlen. Viele finanzielle Verpflichtungen, die die Landwirte Ende eines jeden Erntejahres haben, hängen von diesen Zahlungen ab. Zum Beispiel Pacht, Beiträge der Berufsgenossenschaften, Zahlungsverpflichtungen bei Händlern und Bankdarlehen, sagt der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion und Landwirt Georg-Ludwig von Breitenbuch der Zeitung. Der Sächsische Landesbauernverband spricht von einer Zahlungsnot.
"Die Verzögerung ist in höchstem Maße bedauerlich und ärgerlich", sagt Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Um die Bauern zu unterstützen, hat das Umweltministerium eine TaskForce eingerichtet. Schuld seien die um zwei Jahre verspätet verabschiedeten Regelungen, die zudem deutlich komplexer geworden seien, versucht er die Lage zu begründen. So sei die zur Auszahlung verbleibende Zeit in den Ländern am Ende deutlich kürzer als bisher üblich gewesen. Und IT-Fachkräfte fehlten auch im Ministerium.
Sondersitzung zur Panne
Der Agrarausschuss des Sächsischen Landestags will sich nun am Mittwoch auf einer Sondersitzung mit der Panne befassen. Die Sitzung des Ausschusses für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft findet am Vormittag unter dem Titel "Sicherstellung der Direktzahlung im Jahr 2023 im Freistaat Sachsen" statt, teilt der Landtag mit.
Empörung kommt nun vom Bauernverband, der AfD und FDP. Die Betriebe hätten zum Jahreswechsel erhebliche Ausgaben zu schultern, erklärte Verbands-Vizepräsident Hans-Uwe Heilmann. Dabei sei der wirtschaftliche Druck schon jetzt enorm. Die sächsische FDP und die Freien Wähler forderten die Entlassung des Ministers.
Freie Bauern: „Bankrotterklärung des Systems“
Die Interessenorganisation Freie Bauern spricht derweil von einer „Bankrotterklärung des Systems“. „Wenn der Minister das offensichtliche Politikversagen damit entschuldigt, dass die künftig geltenden Anforderungen und deren Abrechnung `ein bis dahin ungekanntes Maß an Komplexität´ aufweisen, so sei das an Lächerlichkeit kaum zu überbieten“, meint Christian Linne von der Bundesvertretung.
„Das Problem fällt auf die politische Klasse selbst zurück. Wir Landwirte haben uns dieses bürokratische Monster aus Stillegungsverpflichtungen, Mindestbodenbedeckungsgraden und Wirtschaftsdüngerausbringungsfristen nicht ausgedacht.“
Die Agrarsubventionen seien vor Jahrzehnten eingeführt worden, um den Preisdruck durch Billigimporte aus Übersee abzumildern, erinnert der 50jährige Ackerbauer aus dem niedersächsischen Sottmar: „Geld pro Hektar, das war ein einfaches Prinzip. Heute hängt daran ein Sammelsurium von praxisfernen Vorschriften, die uns als ausgebildeten Landwirten haarklein vorschreiben, wie wir unseren Beruf auszuüben haben.“
LSV will protestieren
Das sieht auch Mike Krause von Land schafft Verbindung Sachsen so: „Das Auszahlungsproblem ist reines Politikversagen. Es erfolgt ein klarer Appell, insbesondere an alle in Regierungsverantwortung stehenden Abgeordneten, diese Unzulänglichkeiten im sächsischen Landwirtschaftsministerium zügig zu beenden und alle notwendigen Entscheidungen zu treffen, um die Zukunft der sächsischen Landwirtschaft endlich wieder in solide und fachlich sinnvolle Fahrwasser zu führen!“
Er fordert, dass die Auszahlungen der Beträge bis zum Ende 2023 in gewohnter Weise stattfinden werden. Weiterhin fordert LSV, dass hier auch personelle Konsequenzen gezogen werden und sich die verantwortlichen Entscheidungsträger nicht hinter fadenscheinigen Ausreden verstecken. „Deshalb demonstrieren wir am 1. November 2023 ab 9 Uhr vor dem Sächsischen Landtag in Dresden, da ab 8:30 Uhr eine Sitzung des Ausschusses für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft stattfindet“, so Krause.