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topplus Rechtsstreit in NRW

Stadt beansprucht Pachtflächen ohne Abstimmung: Landwirt gewinnt Rechtsstreit

Ein Landwirt aus NRW erwirkt ein Urteil gegen eine Stadt, weil diese seine Pachtflächen ohne Abstimmung für Baumaßnahmen in Anspruch nahm und obendrein 42.500 € Entschädigung von ihm forderte.

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Irgendwo müssen die Bau­maschinen stehen: Die Stadt S. im westlichen Münsterland wollte die Fläche eines Landwirts für Baumaßnahmen nutzen. Ohne dass ein schriftlicher Vertrag existierte, fingen die Bauarbeiten an. Der Landwirt erwirkte sofort einen Baustopp. Doch das Echo kam: Die Stadt verklagte den Milchviehhalter auf 42.500 € Entschädigung.

Stadt benötigt Land

Bei der Fläche des Landwirts handelt es sich um ein knapp 0,5 ha großes Pachtgrundstück. Daneben liegt ein Grundstück, auf dem die Stadt ein Pumpwerk plante. Einen Teil der Pachtfläche, knapp 640 m2, wollte die Stadt während der Bauphase als Baustraße und Abstellflächen für Maschinen und Materialien nutzen. Im Juli 2020 wandten sich zwei städtische Mitarbeiter an den Landwirt. Konkrete Vereinbarungen trafen die Parteien da nicht. Dann passierte lange nichts. Erst Mitte Dezember 2021 informierte ein Mitarbeiter der Stadt den Landwirt telefonisch, dass ab Anfang Januar 2022 die Bauarbeiten beginnen. Die Stadt bot dem Landwirt eine Entschädigungszahlung von 1.000 € an. Ein schrift­licher Vertrag kam aber nie zu­stande – weder mit dem Landwirt noch mit dessen Verpächtern.

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Polizei stoppt Bauarbeiten

Am 4. Januar rollte die Baufirma an, um auf der Fläche des Landwirts Bohrungen für das Pumpwerk vorzunehmen. Weit kamen die Maschinen nicht. Der Landwirt alarmierte die Polizei. Die Bauarbeiter mussten abziehen. Daraufhin zeigte die zuständige Baufirma gegenüber der Stadt eine Baubehinderung an.

Entschädigung und Vertrag

Wegen der Zerstörung des Ackerbodens forderte der Landwirt über seinen Anwalt von der Stadt eine Entschädigung von 17.920 € zuzüglich einer Neueinsaat mit Grünroggen. Damit war die Stadt nicht einverstanden und machte dem Milchviehhalter ein neues Angebot. Danach sollte er für Nutzung der Teilfläche während der achtmonatigen Bauphase 3.000 € Entschädigung erhalten. Und es gab jetzt einen schriftlichen Nutzungsvertrag. Darin regelten die Parteien Punkte wie die Abtragung des Oberbodens, den Einbau von Trennvlies und Schotter sowie den anschließenden Rückbau und den Wiedereinbau des Oberbodens. Nachdem die Verpächter und der Landwirt zugestimmt hatten, gingen die Bauarbeiten für das Pumpwerk weiter. Es ging aber nicht lange gut.

42.500 € Schadensersatz

Die Baufirma stellte der Stadt für den Baustopp nun einen Betrag von rund 42.500 € als Verzögerungsschaden in Rechnung. Die Stadt zahlte, verklagte aber ihrerseits den Landwirt vor dem Landgericht (LG) Münster auf Zahlung.

Wie aus dem Urteil hervorgeht, meint die Klägerin, der Beklagte sei zur Duldung der Bauarbeiten ab dem 4. Januar verpflichtet gewesen. Denn es sei zwischen den Parteien mündlich ein Nutzungsüberlassungsvertrag zustande gekommen. Ihre Forderung sei berechtigt.

Als Pächter nie zugestimmt

Der Landwirt hingegen sagte aus, dass es in den Gesprächen mit den städtischen Mitarbeitern lediglich um eine kurzfristige Nutzung der Teilfläche für zwei bis vier Wochen zu Lagerzwecken gegangen sei. ­Damit sei er grundsätzlich einverstanden gewesen. Eine konkrete Genehmigung sei jedoch nie erfolgt. Auch habe die Stadt ihm nie eine erbetene schriftliche Vereinbarung übersandt. Ebenso argumentierte er, dass er einer monatelangen Nutzung der Fläche und den Bohrungen nicht ohne schriftliche Vereinbarung zugestimmt hätte, zumal er nur Pächter der Fläche sei. Für ihn ergeben sich bis zum Abschluss des Nutzungsüberlassungsvertrags keine Duldungspflicht für die Baumaßnahmen.

Klage abgeschmettert

Das LG Münster gab dem Landwirt recht und wies die Klage der Stadt ab, da die Vertreter sich in den Aussagen verstrickten, was eigentlich mündlich vereinbart war: Die Nutzung der Fläche als „Baustelleneinrichtung“ oder, was tatsächlich geschehen ist, für Bohrungen, um hier eine Brunnenanlage zu errichten und unterirdische Stahlrohrleitungen zu verlegen. Unstreitig war, dass es jedenfalls keinen schriftlichen Vertrag gab. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig (Az.: 012 O 204/23).

Das rät der Anwalt des Landwirts in solchen Fällen

Ob für Straßen, Windkraftanlagen, Stromtrassen oder eben für Pumpwerke – oft werden hierfür landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen. Da heißt es für Landwirte: Obacht! Stellen Sie sich vor, auf ­Ihrem Boden verliert ein Baukran Öl. Wer haftet? Und reichen 5 Mio. € Versicherungssumme oder braucht es 10 Mio. €? Wissen Sie, ob ein ­hiesiges Unternehmen oder ein Subunternehmer die Flächen nutzt? Sind es eigene oder Pachtflächen? Hat der Eigentümer zugestimmt oder riskieren Sie wegen Unter­verpachtung eine Kündigung des Pachtvertrags? „Bestimmte Punkte sollten Landwirte bedenken, wenn sie Anfragen zur Überlassung ihrer Flächen für Baumaßnahmen erhalten“, betont Henrik Nolte-Bödder. Der Rechtsanwalt in der Kanzlei Frank Mensing in Gescher vertrat den beklagten Landwirt.

Nolte-Bödder empfiehlt Landwirten, vor allem die Punkte Nutzungs­dauer, Ertragsausfall, Schadenersatz, Rückbaumaßnahmen und Verkehrssicherungspflichten bzw. mögliche Ansprüche Dritter schriftlich zu regeln. Wie der vorliegende Fall zeigt, sollten die gegenseitigen Rechte und Pflichten unbedingt ordentlich und schriftlich fixiert werden, gegebenenfalls mit rechtlicher Unterstützung.

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