Fast alle Direktvermarkter bieten mittlerweile Fahrplanlösungen an. Doch am Markt gibt es erhebliche Unterschiede. Wir stellen Merkmale guter Fahrpläne vor.

Flexible Biogasanlagen produzieren im besten Fall Strom immer nur dann, wenn die Preise hoch sind. Um nicht selbst ständig nach Preisen schauen zu müssen, bieten immer mehr Direktvermarkter „Fahrpläne“ an. Wir stellen verschiedene Varianten vor:

• Hinweis auf Stundenpreise,
• standardisierte Fahrpläne,
• Meldung von freien Kapazitäten,
• garantierte Vergütung und Festpreis.

Hinweis auf Stundenpreise

Die einfachste Form eines Fahrplans ist, dass der Direktvermarkter dem Betreiber im Vorfeld die zu erwartenden Stundenpreise mitteilt. Anhand dieser kann der Betreiber in dem Kundenportal seinen Fahrplan erstellen. Anschließend werden die BHKW über die Fernsteuerung zu- oder abgeschaltet. Die Anbieter werben damit, dass dieses dem Betreiber maximale Freiheiten biete. „Jedoch trägt der Betreiber jegliche Risiken wie Ausfälle, Wirkungsgrad- und Wärmeverluste oder zusätzliche Wartungskosten“, warnt Christian Dorfner vom Dienstleister SK Verbundenergie aus Regensburg. Betreiber bezahlen bei Abweichungen vom Fahrplan die Kosten für Ausgleichsenergie.

Fahrpläne „zur Einsicht“

Bei diesen erstellt der Vermarkter täglich oder wöchentlich Fahrpläne für die Anlagen. Allerdings ist das nur ein Vorschlag des Vermarkters, den der Betreiber korrigieren muss. „Kommt er dieser Aufgabe nicht nach und der Fahrplan schlägt fehl, weil etwa Gasspeichergrenzen überschritten werden, die Wärmemenge nicht reicht oder zu viele Start-Stopps gefahren werden, ist der Betreiber in der Verantwortung“, sagt Dorfner.

Ebenso wie bei allen anderen Varianten, muss er bei Abweichungen vom Fahrplan die Kosten für Ausgleichsenergie tragen, falls er die Korrektur nicht permanent nachgemeldet hat. Und grundsätzlich ist das Einhalten von festen Fahrplänen über einen längeren Zeitraum fast unmöglich, weil sich die Parameter einer Anlage ständig ändern – vor allem, wenn die Speichergrenzen erreicht werden. Ein starrer Fahrplan ermöglicht zudem nur wenig Zusatzerlöse, da er die kurzfristigen Chancen im Viertelstundenhandel gar nicht entsprechend nutzen kann.

Meldung freier Kapazitäten

Manche Vermarkter möchten neben einer Grundfahrweise, die der Betreiber festlegt, lediglich eine Meldung zu den freien Kapazitäten haben. Anhand dieser Freiheiten schaltet der Vermarkter kurzfristig Blockheizkraftwerke dazu oder ab. Die Vermarktung erfolgt meist im Viertelstundenrhythmus am IntraDay-Markt. „Das kann funktionieren, wenn sich der Vermarkter an die Prämissen des Betreibers hält: Speicher, Start-Stopp-Vorgaben, Wirkungsgrade, Mindestlaufzeit pro Start und insbesondere Wärmelieferung“, erläutert der Experte. Genau hier liegt seiner Meinung nach die Schwachstelle des Modells, da die Vermarkter die Verantwortung wieder dem Betreiber übertragen. Dorfner: „Der Betreiber hat, sofern er keine riesigen Speicher hat, viel Arbeit mit Nachrechnen, Justieren und Melden.“

Garantierte Vergütung

Diese Fahrplanmodelle unterscheiden sich kaum von den bisher genannten. Das Vergütungsmodell sieht lediglich anstelle der zählergenauen Abrechnung eine Garantiezahlung vor, oft ohne „Risiko“ für Ausgleichsenergiezahlungen. Entscheidend ist es auch hier, wer den Fahrplan erstellt und einhält. Auch hier bleibt es Aufgabe und Verantwortung des Betreibers, sich um Wirkungsgrade, Wärmemengen und Speicherstandsüberwachung zu kümmern. Der Vermarkter gibt wieder nur seine Preisprognose weiter oder macht höchstens einen Vorschlag zum Fahrplan. Die Verträge können zudem Klauseln enthalten, wonach sich die Garantiezahlung je nach Ausfalldauer und -häufigkeit für die betroffenen Stunden oder oft gleich für den ganzen Tag reduzieren. Dies gilt ebenso bei ganz normalen Wartungen. Muss der Betreiber den Fahrplan im laufenden Betrieb korrigieren, weil etwa die Wärme nicht ausreicht oder die Speichergrenzen verletzt werden, reduziert sich so die Vergütung ebenfalls. Dadurch können die scheinbar hohe garantierte Zahlung oder der Festpreis schnell zusammenschrumpfen.

Merkmale guter Fahrpläne

Gute Fahrpläne haben nach Dorfners Ansicht folgende Eigenschaften:

• Sie berücksichtigen Erträge und Kosten der gesamten Anlage, also auch BHKW-Wirkungsgrade, Wärmebedarf, Start-Stopp- und Wartungskosten.
• Schwankungen beim Füllstand der Gas- und Wärmepufferspeicher führen automatisch zu Fahrplanänderungen.
• Auch der Viertelstundenmarkt wird aktiv bedient.
• Bei den Änderungen achtet der Vermarkter darauf, dass nur so viel wie notwendig angepasst und eine ruhige Fahrweise eingehalten wird.
• Mit zwei Start-Stopp-Vorgängen am Tag und 120 Minuten Mindestlaufzeit werden typische Vereinbarungen eingehalten, die sich mit den Vorschlägen von BHKW-Gutachtern der Interessengemeinschaft (IG) Biogasmotoren decken.

Letzten Endes sind für den Zusatzgewinn der Biogasanlage die nutzbaren Speicherkapazitäten und die tatsächlich verfügbare flexible Leistung entscheidend. „Anlagen mit kleinem Speicher, hohem Dauerläuferanteil, vielen Ausfällen oder sehr unterschiedlichen Wirkungsgraden bei den Blockheizkraftwerken müssen mit geringeren Erlösen rechnen“, resümiert Dorfner.

hinrich.neumann@topagrar.com