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„Mein Rat: Einfach mal abschalten!“

Lesezeit: 5 Minuten

Martin Buchholz beschäftigt sich seit 2014 mit der Flexibilisierung. Er erstellt den Fahrplan für die BHKW anhand des Wärmebedarfs.


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Wer nicht flexibilisiert, verliert am Tag mehrere Hundert Euro: Das ist das Resümee von Martin Buchholz nach knapp sieben Jahren Erfahrung mit der bedarfsgerechten Fahrweise. Der Geschäftsführer der BBE Blumendorf Bio-Energie GmbH aus Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein) ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft Deutscher Grün-Energie Erzeuger (GDGE), die seit 2011 existiert und Strom aus Biogas-, Windenergie- und Photovoltaikanlagen über das Unternehmen Energy2Market vermarktet.


Die Anlage mit drei Satellitenstandorten ist ursprünglich im Jahr 2007 mit 2,1 MW in Betrieb gegangen und wurde 2014 und 2016 auf 5,6 MW (elektrisch) fast dreifach überbaut. Im Betrieb sind acht BHKW, davon vier Jenbacher 312 mit je 526 kW und vier Jenbacher 412 mit je 889 kW. Außerdem existieren vier eigenständige Wärmenetze. „Wir verkaufen mit 15 Mio. kWh fast 80% der anfallenden Wärme, die eine wichtige Erlöskomponente ist“, erklärt Buchholz. Zu den Abnehmern gehören die lokalen Stadtwerke, die ein Neubaugebiet versorgen. Außerdem nehmen ein Gewerbegebiet, ein Logistikunternehmen sowie ein Kommunalgerätehersteller viel Wärme ab.


Wärmelastgang als Basis


Der Wärmebedarf hat ihn zum Fahrplan für die Stromproduktion gebracht. „Ich habe die Wärmelastgänge im Jahresverlauf als Basis genommen und ermittelt, wie viel Strom ich wann erzeugen muss, um immer genügend Wärme zur Verfügung zu haben“, schildert er das Vorgehen. Dabei wurde schnell klar: Im Sommer benötigen die Abnehmer nur ein Drittel der Wärme. In der Zeit heizen sie lediglich Räume, verwenden aber kaum Prozessenergie. Das ändert sich im Winter, wo Buchholz zwei Drittel der Wärme zur Verfügung stellen muss. Ergo: Im Sommer muss er die Stromproduktion entsprechend drosseln. „Das passt gut mit dem Strommarkt zusammen, da wir im Sommer meist wegen der hohen Photovoltaikproduktion weniger Bedarf haben.“ Das zeigt sich anhand der Preise: Im Jahr 2021 waren diese von März bis September zwischen 11.00 und 16.00 Uhr sehr niedrig (siehe rote Flächen in Übersicht auf S. 18).


Nachts stehen BHKW still


Auch im Tagesverlauf lassen sich Strom- und Wärmeproduktion gut aufeinander abstimmen: Während die Wärmekunden von 4.00 bis 19.00 Uhr den höchsten Wärmebedarf haben, sind die Strompreise von 8.00 bis 20.00 Uhr in der Regel höher. „Das bedeutet: Wir können die BHKW nachts einfach abschalten“, erklärt er. Zwar produziert er den Strom dann von 4.00 bis 8.00 Uhr an Standorten ohne Pufferspeicher in den Zeiten, in denen er nicht ganz so viel Erlös bringt. Aber in dem Fall liegt der wirtschaftliche Vorteil im Wärmeverkauf.


Nach diesem Prinzip nimmt er sich eine Stunde pro Woche Zeit, um einen Fahrplan für die kommenden sieben Tage zu erstellen. Dabei bekommt jeder der vier Standorte einen eigenen Fahrplan. Diese erhält der Direktvermarkter, der die BHKW selbsttätig ansteuert.


Der Fahrplan hat im Jahr 2021 im Schnitt 1,26 ct/kWh Mehrerlös gebracht. Dazu kamen 0,85 ct/kWh aus der Regelenergie. Davon muss allerdings noch die Handelsgebühr für den Direktvermarkter abgezogen werden.


Zur Speicherung des Biogases in den Zeiten, in denen die BHKW ruhen, hat er 10000 m³ unter den Folienhauben zur Verfügung. „Das ist für 2 MW Bemessungsleistung nicht viel, aber es funktioniert“, sagt er.


Zur Gasfüllstandsmessung nutzt er das einfache Seilzugverfahren. Er rät dazu, immer die gleiche Tageszeit zum Messen zu nehmen. Denn gerade in der Übergangszeit im Frühjahr und Herbst kann die Sonne am Vormittag das Ergebnis verfälschen, wenn sie die Haube erwärmt hat und sich das Gas infolgedessen ausdehnt.


Die Erfolgsfaktoren


Zusätzlich haben sich bei der BBE Blumendorf Biogas in den vergangenen Jahren weitere Erfolgsfaktoren für die bedarfsgerechte Stromerzeugung he-rausgestellt:


  • Die Biologie im Fermenter muss stimmen. Dazu ist eine gleichmäßige und gleichbleibende Fütterung wichtig – auch wenn es im Stall oder auf dem Feld Arbeitsspitzen gibt. Buchholz bestimmt z.B. jeden Tag den TS-Gehalt der gefütterten Rohstoffe, um zu wissen, wie viel Energie er täglich zuführt.
  • Der Direktvermarkter muss automatisch auf die BHKW zugreifen können.
  • Wärmepufferspeicher sind die Vo-raussetzung, um unabhängig vom Wärmebedarf zu den Zeiten mit den besten Strompreisen produzieren zu können.


Aus seiner Sicht ist die flexible Fahrweise nicht nur ein schönes Zubrot, sondern künftig auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Muss für die Betreiber: „Die Kosten laufen uns sonst davon. Wer sich nach dem EEG-Ende nur auf die Vergütung bei Ausschreibung verlässt, wird mit dem Erlös künftig nicht mehr zurechtkommen“, ist er überzeugt. Würden die Strompreise dagegen so bleiben, könnte die Anlage nach 20 Jahren auch ohne EEG-Vergütung wirtschaftlich sein.


Sein Credo: Anlagenbetreiber sollten sich trauen, die BHKW nachts stundenweise abzuschalten. „Heute können wir den Fahrplanbetrieb lernen. Daher sollten wir in kleinen Schritten anfangen!“


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