Kopfschütteln lösen amtliche Anordnungen auch bei Natur- und Artenschützern in Gütersloh aus. Seit dem Jahr 2003 brüten Turmfalken in einem Nistkasten am Turm einer Windenergieanlage in etwa 60 m Höhe – bislang ohne Probleme. Im Frühjahr 2017 zogen in den Brutkasten erstmals Wanderfalken drei Jungvögel auf. Die Tiere ließen sich von dem Rotor nicht stören, beobachtete das örtliche „Naturschutz-Team Gütersloh“ zusammen mit dem Anlagenbetreiber und Falkner Helmut Schierl. Doch die untere Naturschutzbehörde verlangte wegen des Kollisionsrisikos das Abschalten der Anlage, als die Jungfalken flügge wurden. In den Leitfäden der Länder zum Artenschutz würden beim Wanderfalken 1000 m Abstand der Anlagen zu Brutplätzen empfohlen. „Hier hat der Betreiber den Abstand auf null gesetzt“, erklärt ein Sprecher der Behörde. Es gäbe bessere Brutplätze.
Anfang Mai beschäftigte sich der nordrhein-westfälische Landtag mit dem Fall. Das Landesumweltministerium stellte fest, dass nach dem Bundesnaturschutzgesetz ein erstmalig genutzter Nistkasten erst dann abgehängt werden dürfe, wenn die Vögel ihn endgültig aufgegeben hätten. Damit widersprach das Ministerium dem Naturschutzamt.
In Kleve-Brienen ordnete die untere Naturschutzbehörde in einem ähnlichen Fall während der Brutzeit der Wanderfalken das Abschalten der Anlage tagsüber an, was in der Zeit zu Einnahmeverlusten von 10000 € führte. „Das Verhalten der Behörden ist purer Aktionismus. Bei Nistkästen an Gebäuden in Stadtkernen sind die Wanderfalken durch Autos viel stärker gefährdet als an Windkrafttürmen in der Landschaft“, erklärt Franz Thiesbrummel, Ornithologe und Vorsitzender des Naturschutz- Teams Gütersloh.