Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) untersucht derzeit in 38 Ländern, wie diese das realistische Potenzial an erneuerbaren Energien schließen können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat IRENA damit beauftragt, das Potenzial auch hierzulande unter die Lupe zu nehmen. Deutschland habe beim Umbau des Energiesystems eine besondere Bedeutung, viele Länder würden sich an dem Vorreiterland orientieren, attestiert IRENA.
Zu den bisherigen Erfolgen zählt die Organisation, dass Deutschland bis zum ersten Halbjahr 2015 einen Anteil von über 30 % erneuerbare Energien im Strombereich erreicht und damit der Welt bewiesen habe, dass so hohe Strommengen aus alternativen Quellen zu keinen Systemproblemen führen müssen.
Im Wärme- oder Verkehrsbereich dagegen hätten sich die politischen Fördermaßnahmen dagegen als wenig effektiv erwiesen. Auch die Ziele zur Effizienzsteigerung würden nicht erreicht, die Sanierungsquote von Häusern liege deutlich unter dem angestrebten Wert von 2% jährlich.
Die Agentur merkt an, dass sich die Politik zu stark auf den Strombereich fokussiert. Potenzial sieht IRENA aber vor allem im Heizungs- und Verkehrsbereich und hier überwiegend auf Seiten der Endverbraucher. Beispielsweise könnte man mit einer verstärkten Förderung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen die Wärme-, Verkehr- und Stromsektoren stärker miteinander verknüpfen und dafür den Bedarf an teuren Flexibilitätsoptionen senken. Diese sind notwendig, um die immer größeren Mengen an Strom aus fluktuierenden Quellen wie Wind und Solar zu integrieren. Dabei sollte Deutschland nicht nur die Kosten der fossilen Brennstoffe als Vergleich heranziehen, sondern die positiven Auswirkungen von Energiedienstleistungen auf die gesamte Volkswirtschaft und das Energiesystem berücksichtigen, rät IRENA.
Die Vorschläge von IRENA in Zahlen für den Zeitraum bis zum Jahr 2030:
- Der Gesamtbestand an Wärmepumpen könnte auf 6 Millionen Anlagen steigen,
- 100 Mio. Quadratmeter Solaranlagen könnten zur Bereitung von Warmwasser eingesetzt werden,
- die Menge an Biomasse zur Gebäudebeheizung könnte jährlich um 8 Mio. t steigen.
Im Verkehrssektor geht IRENA von einem möglichen Anstieg der Biokraftstoffe aus. Die Nachfrage nach Biodiesel könnte 9 Mrd. Liter, nach Ethanol 3,4 Mrd. Liter ausmachen. Die Zahl an Elektrofahrzeugen und E-Fahrrädern, die mit erneuerbarem Strom geladen werden, könnte auf 6,5 Mio. ansteigen. Mit diesen Maßnahmen könnte Deutschland den erneuerbaren Anteil im Verkehrssektor auf über 20 % gegenüber heute mehr als vervierfachen.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht IRENA im Verkehrssektor die größten Herausforderungen auf die Politik zukommen. Gefragt seien spezielle Maßnahmen zur Elektrifizierung sowie Anreize für Investitionen in Ladestationen. Bei der Luftfahrt und im Frachtverkehr hätten fortschrittliche Biokraftstoffe eine wichtige Schlüsselfunktion.
„Bisher hat Deutschland sich auf bemerkenswerte Weise international als Vorreiter in der Verbreitung von erneuerbaren Energien hervorgetan. Es hat nun die Chance, der Welt zu zeigen, wie das Energiesystem der Zukunft aussehen wird“, heißt es abschließend in dem IRENA-Bericht.
„Der kürzlich veröffentlichte Deutschland-Bericht der IRENA macht deutlich: In Deutschland besteht noch großes Ausbaupotenzial für die Bioenergie“, kommentiert Alexander Knebel, Sprecher der Agentur für Erneuerbare Energien, die Analyse.
Steigerungsmöglichkeiten würden die unabhängigen IRENA-Experten in allen Nutzungspfaden, besonders aber bei den Biokraftstoffen, u.a. bei Biokerosin sehen. „Damit das in der Studie aufgezeigte Potenzial auch abgerufen wird, benötigt die Bioenergie in Deutschland auch faire Rahmenbedingungen“, fordert Knebel.