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topplus Chef der Lohnunternehmer

„Ein neuer Kraftstoff muss sicher, wirtschaftlich und verfügbar sein!“

Zum Antrieb für landwirtschaftliche Maschinen werden aktuell viele Varianten diskutiert. Dr. Hartmut Matthes vom Bundesverband Lohnunternehmer hält noch nicht alle für praxistauglich.

Lesezeit: 5 Minuten

Eine Abkehr von Diesel als Kraftstoff in der Landwirtschaft wird in mehrfacher Hinsicht diskutiert: Der Wegfall der Steuervergünstigung (Stichwort: Agrardiesel), der Zwang zur Treibhauseinsparung in der Landwirtschaft oder Kostensteigerungen, die aufgrund der steigenden CO₂-Preises ins Haus stehen. Dazu kommt, dass immer mehr Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte auf einen geringen CO₂-Fußabdruck achten bzw. diesen einfordern. Genauso stellen finanzierende Banken Fragen nach dem Kraftstoffverbrauch der neuen Maschine. Daher stellen sich viele Landwirte und Lohnunternehmer die Frage: Was tanken Traktoren und andere Landmaschinen morgen?

Wir haben diese Frage mit Dr. Hartmut Matthes, Geschäftsführer des Bundesverbandes Lohnunternehmer (BLU) diskutiert.

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Mit dem Elektroantrieb, Biomethan, HVO oder Wasserstoff gibt es unterschiedliche Alternativen zu Dieselkraftstoff. Was sind aus Ihrer Sicht die vielversprechendsten Lösungen?

Matthes: Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Neben der Praxistauglichkeit und der Wirtschaftlichkeit ist entscheidend, ob sich mit alternativen Antrieben auch das technische Design der Maschine ändert, weil für zusätzliche Tanks vielleicht neuer Bauraum benötigt wird. Das kann sich auf die Arbeitsfähigkeit der Maschine auswirken. Ganz allgemein halte ich aber nur fossilfreie, flüssige Kraftstoffe bis auf Weiteres für praktikabel und erfolgsversprechend – insbesondere in den höheren Leistungsklassen.

Warum das?

Matthes: Mit ihnen können wir die vorhandene Infrastruktur weiternutzen, angefangen von dem Verbrennungsmotor im Traktor oder der PS-starken Erntemaschine, über die Tanklogistik bis hin zur Werkstatt und dem Service, die sich auf diese Motorentechnik spezialisiert haben. Flüssige Kraftstoffe können wir auch auf dem Feld nachtanken. Zudem ist es damit möglich, fossilen Diesel erst nach und nach zu ersetzen. Und außerdem würde das dafür sorgen, dass wir einen Kraftstoff für mehrere Leistungsklassen haben – wie beim Diesel.

Warum ist das wichtig?

Matthes: Heute schon gibt verschiedene Optionen: Im kleinen Leistungsbereich werden elektrisch angetriebene Maschinen angepriesen, im mittleren vielleicht Biomethan oder perspektivisch Wasserstoff, im hohen Bereich flüssige Kraftstoffe wie Biodiesel, Bio-LNG, hydriertes Pflanzenöl (HVO) und perspektivisch E-Fuels, die mithilfe von grünem Wasserstoff hergestellt werden, der über die Elektrolyse von erneuerbarem Strom erzeugt wird. Die Vielfalt stellt die Landwirte vor große Herausforderungen, da sie dann mehrere Kraftstoffarten und Maschinen verschiedener Hersteller auf dem Hof hätten.

Vor allem Biogasanlagenbetreiber denken über Biomethan nach. Es gibt erste Hoftankstellen und zwei Schleppervarianten von New Holland mit Gasantrieb. Wie bewerten Sie das?

Matthes: Im Prinzip ist das eine mögliche Lösung, aber aktuell erzeugen von den rund 9500 Biogasanlagen in Deutschland nur knapp 200 Biomethan. Eine flächendeckende Versorgung ist damit kaum möglich. Zudem erfordert ein Gastraktor eine ganz andere Logistik. Ich halte das daher für ein reines Nischenprodukt, aber noch nicht tauglich für den Massenmarkt.

Wie denken Sie über den Elektroantrieb?

Matthes: Es gibt ja inzwischen eine Vielzahl von Modellen in der Leistungsklasse bis 120 kW. Maschinen wie Mähdrescher oder Häcksler mit 500 PS und mehr wären unvorstellbar viel schwerer durch eine Batterie. Das wäre auch mit Blick auf den Bodendruck niemals nachhaltig und wegen der geringen Reichweite auch nicht praktikabel. Für Tierhalter dagegen ist ein Hoflader oder ein Futtermischwagen mit Elektroantrieb durchaus attraktiv, wenn die Maschine hofnah geladen werden kann – z.B. mit günstigem Solarstrom. Die Maschinen sind ja nur wenige Stunden im Einsatz. Ob sich die Technik für einen Lohnunternehmer eignet, hängt davon ab, wie hoch die Reichweite ist und wo die Maschine am günstigsten geladen werden kann.

Eine Variante des Elektroantriebs ist die Brennstoffzelle, die an Bord aus Wasserstoff Strom erzeugt. Damit können auch Schlepper mit höherer Leistung länger arbeiten als mit dem batterieelektrischen Antrieb. Der Hersteller Fendt arbeitet daran aktuell in einem Praxisversuch. Sehen Sie darin eine Chance?

Matthes: Sowohl die Fahrzeugtechnik auf Basis von Brennstoffzellen als auch die flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff liegen noch weit in der Zukunft. Die Bundesregierung plant zwar ein Wasserstoffnetz in Deutschland. Aber wenn man sich den langsamen Fortschritt beim Stromnetzausbau anschaut, kann man ungefähr erahnen, wie lange es dauert, bis eine völlig neue Gasinfrastruktur aufgebaut ist. Dazu kommt, dass genau wie beim Biomethantraktor auch ein Wasserstoffantrieb eine völlig neue Technik ist, auf die sich auch die Tankstellen, Kraftstoffanbieter und Servicewerkstätten erst einmal einstellen müssen. Wir brauchen jetzt aber Lösungen für den vorhandenen Fahrzeugpark.

Welche Rahmenbedingungen wünschen Sie sich dafür?

Matthes: Wir brauchen Planungssicherheit für die Investitionen. Darum ist hier die Politik gefragt. Egal, welcher Kraftstoff oder welche Technik am Ende das Rennen macht: Am Ende ist es immer eine Frage der Verfügbarkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Betriebssicherheit. Das gilt nicht nur für die Landwirte und Lohnunternehmen als Endkunden, sondern auch für die Industrie, die die entsprechende Technik entwickeln muss. Darum ist jetzt ein enger Dialog zwischen Praxis und Industrie wichtig, um auf gute Ideen zu kommen und schnell praxistaugliche Lösungen zu entwickeln. Denn uns rennt ansonsten die Zeit davon.

Was raten Sie einem Landwirt oder Lohnunternehmer in der aktuellen Situation? Wie soll er für sich passende Alternativen zum Diesel finden?

Matthes: Der erste Schritt wäre, auf den Lieferanten bzw. Händler vor Ort zuzugehen und mit ihm zu besprechen, welche Technik er für den jeweiligen Betrieb anbieten kann. Eine Zugmaschine wie der Traktor muss zur vorhandenen Mechanisierung passen, also zum Maschinenpark für Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz oder Transport.

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