Deutschland lässt sich von den niedrigen Ölpreisen blenden. Die These ist sicherlich provokant. Aber anders kann man eigentlich kaum erklären, warum wir zwar wie die Weltmeister Ökostrom produzieren, beim Heizen und bei den Kraftstoffen aber nach wie vor auf fossile Energien setzen. Der Tiefschlaf könnte sich schon bald rächen, denn die niedrigen Kurse sind das Produkt eines ungewöhnlichen Marktkampfes.
Der Staatenverbund der erdölfördernden Länder (OPEC) flutet seit Monaten den Markt mit Öl und drückt die Preise so absichtlich in den Keller. Das Ziel der Saudis und deren Verbündete: Unliebsame Konkurrenz aus der amerikanischen Fracking-Branche in die Knie zwingen. Im Gegensatz zu den großen Unternehmen und Staats-Konzernen haben die kleinen Mitbewerber aus den USA nämlich bei Notierungen von weniger als 50 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) kaum eine Überlebenschance.
Wenn der Spuk vorüber ist, könnten die Preise deutlich in die Höhe schießen. Kein Wunder, dass die britische Barkleys Bank bereits für 2017 mit bis zu 100 US-Dollar rechnet.
Deutschland wird dieser Anstieg kalt erwischen. Denn alle bisherigen Bemühungen, den Verbrauch der fossilen Energien zu drosseln, waren wenig erfolgreich. Auch das Bestreben der Großen Koalition, wenigstens den Verbrauch effizienter zu gestalten, ging ins Leere. Nachlesen kann man das in einer Studie der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA). Diese stellt Deutschland kein gutes Zeugnis aus.
Die IRENA kritisiert aber nicht nur, sie gibt der Regierung auch Ratschläge: Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge stärker fördern sowie den Anteil der Biomasse- und Solar-Heizungen ausbauen. Bislang geht die Regierung das jedoch nur halbherzig an. Im Vergleich mit fossilen Brennstoffen rechnen sich diese Systeme derzeit kaum. Aber wie lange noch? Diese Frage muss sich die Regierung stellen und daraus endlich die Konsequenzen ziehen. Noch sind wir in der komfortablen Situation, dass wir uns auf schwierige Zeiten vorbereiten können. Diese Chance sollten wir nutzen!