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Holz als Brennstoff immer weniger gefragt

Bei einem Fachseminar im bayerischen Straubing setzten sich Experten gestern (18.11.15) mit der Frage auseinander, wie sich die Wärmewende mit Holz stärker voranbringen lässt.

Lesezeit: 5 Minuten

Bei Holzheizkesseln zeichnet sich ein dramatischer Markteinbruch ab: Im Jahr 2014 wurden nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) 25 % weniger Biomassekessel neu installiert als noch im Jahr davor. Am stärksten verloren die Pelletkessel (-35 %) gefolgt von Scheitholzkesseln (- 17 %) und Hackschnitzelanlagen (-8 %). Insgesamt wurden 36.000 neue Holzkessel eingebaut.  Der Anteil der Ölbrennwertanlagen stieg dagegen um 1 % auf 46500 Stück. „Viele Bürger entscheiden sich derzeit aufgrund der niedrigen Energiepreise für eine Öl- oder Gasheizung und gegen Holz“, analysiert Franz Josef Pschierer, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie die aktuelle Situation. Wie Pschierer gestern (18.11.2015) auf einem Fachseminar des Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerks (Carmen e.V.) sowie des Beraternetzwerks „LandSchafftEnergie“ im bayerischen Straubing deutlich machte, wird der Ölpreis aber so niedrig nicht bleiben.


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Der Rohölpreis (Brent) habe sich seit 2014 fast halbiert, es gäbe derzeit ein Überangebot auf dem Markt. „Aber das hat nichts mit konjunkturellen Zyklen zu tun, danach müsste der Preis jetzt steigen. Stattdessen ist es ein politischer Preis“, erklärt Pschierer. Er habe mit geostrategischen Überlegungen in einigen Regionen der Welt zu tun, u.a. mit der Russlandkrise oder dem IS-Terror, die sich beide über den Rohölverkauf finanzieren. Allerdings seien die Ölvorräte limitiert. „Wir müssen den Bürgern daher deutlich machen, dass sie jetzt auf die richtige Entscheidung setzen und bei der energetischen Gebäudesanierung langfristig denken sollten“,betont der Staatssekretär.  


Auch auch Sicht der Bundesregierung sei das enorm wichtig. Denn der Anteil der erneuerbaren Wärme liegt derzeit bei 12 %, angestrebt bis zum Jahr 2020 seien 14 %. „Wir vernachlässigen die Energiewende im Wärme- und Verkehrssektor im Moment komplett“, kritisiert Pschierer die aktuelle Bundespolitik.


Dabei wäre gerade der Gebäudebestand prädestiniert:  75 % aller Gebäude in Deutschland wurden vor dem Jahr 1979 errichtet und sind auf einem veralteten Standard. Bayern will deshalb mit dem „10.000-Häuser-Programm“ gegensteuern. Dieses besteht aus zwei Teilen: der Förderung des Heizungstauschs und der Förderung zur Einrichtung eines „Energiesystemhauses“, bei dem nicht nur die neue Heizung, sondern auch Dämmung usw. einbezogen werden. In dem mit 90 Mio. Euro ausgestatteten Programm, das sich auch mit den Bundesprogrammen wie dem Marktanreizprogramm (MAP) kombinieren lässt, sind seit dem Start im September bereits 2000 Anträge genehmigt worden. 1500 davon beziehen sich auf einen Heizungstausch. Wie viel davon eine Holzheizung eingebaut haben, ist momentan jedoch noch nicht bekannt.


Gerade für Bayern sei die Nutzung des heimischen Brennstoffs Holz wichtig. Denn der Freistaat bezieht 40 % des Erdgases aus Russland, aber auch aus den Niederlanden und Norwegen. „Wir wollen, dass die Kaufkraft in der Region bleibt und nicht in diese Länder abfließt“, machte Pschierer deutlich.


Mit mehr Bioenergie im Kessel könnte Deutschland auch die Treibhausgasemissionen reduzieren, zeigte Helmut Lamp anhand von eindrucksvollen Zahlen. „Wir sind heute bei den Treibhausgasemissionen auf dem gleichen Stand von 2009. Wenn wir das Ziel für 2020 erreichen wollten, müssten wir pro Jahr 32 Mio t mindern – das ist so gut wie aussichtslos“, analysiert der Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie die aktuelle Situation.


Wenn die Politik die Bioenergie nicht seit 2007 aufgrund von Initiativen und Kampagnen von Gegnern massiv eingeschränkt hätte, wäre die Situation heute anders. Aktuell tragen Holz und andere Energiepflanzen dazu bei, das Deutschland 64 Mio. t CO2 jährlich einspart. Stattdessen könnten es aber ohne Schwierigkeiten fast 100 Mio. t sein, macht Lamp deutlich: Mit Biokraftstoffen ließen sich 9 Mio t einsparen (momentan sind es 5 Mio. t),Biostrom (Biogas, Holzgas usw.) könnte 30 Mio. t und Wärme mit Bioenergie sogar 55 Mio t schaffen (aktuell sind es 32 Mio. t). „Das größte CO2-Minderungspotenzial bieten biogene Wärmeträger wie Holz, das muss die Bundesregierung endlich wieder erkennen“, mahnt der BBE-Vorsitzende und erinnert daran, dass Bundeskanzlerin Merkel im Jahr 2007 bereits den Satz geprägt hatte: „Klimaschutz ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts“.


Als Hemmnisse sieht Lamp nicht nur den niedrigen Ölpreis, sondern auch wirkungslose politische Maßnahmen:

  • Das Marktanreizprogramm (MAP) ist sehr unzuverlässig und ständig im Wandel.
  • Das Erneuerbaren-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG ) ist nur ein stumpfes Schwert, solange Altbauten nicht einbezogen werden. 
  • Die Energie-Einsparverordnung (EnEV) fördert kein Wechsel hin zu klimafreundlichen Energien, sondern ausschließlich Energieeinsparung. 
  • Das Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) hat Bioenergie abgewürgt, der Zubau von neuen Biogas- oder Holzheizkraftwerken ist fast auf null zurückgegangen. Es fehlt zudem eine Anschlussregelung für bestehende Anlagen.
  • Das Gesetz zur Kraftwärmekopplung (KWK-Gesetz) wird fast ausschließlich von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen genutzt.
  • Steuerliche Abschreibungen für energetische Maßnahmen sind schon länger in der Diskussion, aber hier kommt es nicht zu einer Einigung, die Dauerdiskussion hält an.


„Das langsame Vorankommen im Wärmebereich passt überhaupt zu den Klimazielen, die sich die Bundesregierung gesetzt hat“, kritisiert Lamp.


Dazu komme die immer wieder angeheizte Diskussion um den Feinstaubausstoß von Holzheizungen. Dieser soll inzwischen größer sein als beim gesamten Verkehr. „Das kann doch nicht stimmen: Der gesamte Verkehr in Deutschland, der 12 Monate über die Straßen rollt, soll weniger Ruß ausstoßen als Holzheizungen im Winter?“, merkt er kritisch an.


Nachholbedarf sieht er auch bei der Information des Heizungshandwerks, die heute sehr oft aus Bequemlichkeit Öl- oder Gasheizungen empfehlen, aber keine Holzheizung.

Auch sollten sich Landwirte stärker darum bemühen, die Marktchancen zu nutzen. In Lamps Heimatland Schleswig-Holstein würde z.B. das Holz von den 2000 km Wallhecken („Knicks“) im Wert von 4000 t Öl jährlich verschenkt werden – größtenteils an die Dänen, die damit in Kraftwerken Strom und Wärme erzeugen.


Dänemark könnte laut Lamp auch Vorbild für Deutschland sein: Dort dürfen seit 2013 keine neuen Ölheizungen installiert werden. Lamps Fazit: „Die Klimaschutzziele in Deutschland lassen sich ohne Holz nicht erreichen, das muss die Bundesregierung endlich verstehen.“

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