Das im Dezember 2015 in Paris beschlossene weltweite Klimaschutzabkommen tritt am heutigen 4. November 2016 offiziell in Kraft– vier Jahre früher als ursprünglich erwartet. „Noch nie ist ein globaler völkerrechtlicher Vertrag von derart großer Bedeutung so schnell in Kraft getreten. Und noch nie standen die Zeichen besser für den Schutz unseres Weltklimas“, lobt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) das Abkommen. Jetzt gelte es, den Worten auch Taten folgen zu lassen.
Das frühe Inkrafttreten gebe den Klimaschützern Rückenwind für die nächsteKlimakonferenz in Marrakesch, die am kommenden Montag beginnt. Deutschland werde sich laut Hendricks bei der „COP 22“ in Marrakesch für eine zügige und ambitionierte Umsetzung des Pariser Abkommens stark machen.
Das Pariser Klimaschutzabkommen gibt der Weltgemeinschaft laut Hendricks eine langfristige Orientierung und ein gemeinsames, verbindliches Ziel. Und es lege Prinzipien für die Umsetzung fest: nationale Klimaschutzpläne, die regelmäßig aktualisiert und angepasst würden, um aus Erfahrungen zu lernen und technologische Entwicklungen aufzunehmen. „Genau diesen internationalen Prinzipien folgt der Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung in Kürze verabschieden will“, teilte Hendricks gestern mit.
Doch während die Weltgemeinschaft sich über das globale Abkommen freut, hat genau dieser Klimaschutzplan einen heftigen Streit in der Koalition ausgelöst. "Die Umweltministerin wird von ihren Kabinettskollegen im Regen stehen gelassen. Deutschland blamiert sich vor der Welt, wenn es nach zweijähriger Diskussion nicht in der Lage ist, einen unverbindlichen Klimaschutzplan zu beschließen", kritisiert nicht nur Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Er moniert, dass Deutschland nicht einmal das im Koalitionsvertrag festgelegte nationale Klimaschutzziel erreicht. Dieses sieht eine Treibhausgasreduktion von 40 Prozent bis 2020 gemessen am Basisjahr 1990 vor. Dabei lägen diesem noch die alten Ziele des Klimaschutzabkommens zugrunde, die eine Temperaturerhöhung von maximal 2 Grad zuließen. Die Ziele von Paris seien überhaupt nicht berücksichtigt.
Gleichzeitig sei der von Umweltministerin Hendriks langfristig angelegte Klimaschutzplan 2050, mit dem die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag die Weichen Richtung Dekarbonisierung stellen wollte, vor dem Klimagipfel von Marrakesch kurzfristig von der Tagesordnung des Bundeskabinetts genommen worden. Hauptgrund dafür sei laut DUH, dass die Bundesregierung die ältesten und schmutzigsten Kohlekraftwerke nicht abschalten wolle. „Gleichzeitig nimmt sie in Kauf, dass der deutsche und europäische Strommarkt mit billigem Kohlestrom überschwemmt wird und die Netzkapazitäten unter Druck geraten“, moniert Müller-Kraenner.
Konkrete Formulierungen hierzu sind aber nach Medienberichten von Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel aus dem Klimaschutzplan gestrichen worden.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, schwächt der Streit um den Klimaschutzplan Deutschlands Position bei der Klimakonferenz in Marrakesch. Bisher habe Deutschland insbesondere mit der Energiewende, aber auch mit seinen ambitionierten Klimaschutzzielen lange Zeit als Vorreiter in der internationalen Klimaschutzpolitik gegolten. Wenn Deutschland nun ohne eigenen Plan nach Marrakesch reise, werde auch der Widerstand vieler Schwellenländer härter werden, befürchtet die FAZ.