Als „Kehrseite der Energiewende“ beschreibt der windkraftkritische Naturschutzverein „Wattenrat“ mit Sitz in Holtgast (Ostfriesland) den Rückbau eines Windparks im niedersächsischen Riepe. Der Verein berichtet auf seiner Internetseite mit Stand von Ende November 2024 von fragwürdigen Methoden beim Rückbau: „Die Fläche ist zugemüllt mit zerschnittenen Glasfaser- und Balsaholzresten der Rotorblätter sowie Stahl- und Kupferschrott. Balsaholz ist ein Tropenholz und wird u.a. in Sandwichbauweise als Kernbauteil zusammen mit Faserverbundwerkstoffen für die Rotorblätter verwendet.“ Aufgeführt sind auch mehrere Fotos von der Baustelle.
Das sagt der Landkreis zum Rückbau des Windparks und den Umweltproblemen
Der Landkreis Aurich hatte auf Anfrage des Wattenrates im November 2024 Stellung zu den Vorwürfen genommen. Demnach hatte die Untere Immissionsschutzbehörde die Repoweringmaßnahme im Juli 2022 genehmigt. Als Standard für den gelte die DIN SPEC 4866 „Nachhaltiger Rückbau, Demontage, Recycling und Verwertung von Windenergieanlagen".
Der Landkreis beschreibt im Weiteren auch die nötigen Arbeiten:
Grundsätzlich werde zunächst der Turm der Windenergieanlagen soweit möglich entkernt, damit sich keine Schadstoffflüssigkeiten etc. mehr darin befinden.
Diese würden in entsprechenden Schadstoffcontainern gelagert und mittels dieser entsorgt.
Durch die Errichtung von Fallbetten werde negativer Einfluss auf den Boden vermindert und nach Rückbau der Fallbetten der Boden wieder aufgelockert, um seine Funktionen wieder aufnehmen zu können.
Beim Schneiden der Rotorblätter vor Ort sei darauf zu achten, dass keine Reststoffe in die Umweltmedien gelangen. Dieses gelte sowohl für GFK- als auch für CFK-Anteile. CFK sei nach Möglichkeit zu separieren. Das Sägemehl sei aufzufangen und fachgerecht zu entsorgen.
Die Fundamente würden gem. UVP-Bericht vollständig einschließlich der Sohlplatte im Erdreich zurückgebaut, d.h. zerkleinert, der Beton werde abgefahren und entsprechend entsorgt. Einzig die beginnenden Pfahlgründungen verblieben zum Schutz der grundwasserführenden Schicht (Aquifere) im Erdboden.
Sollte ein vollständiger Rückbau aus technischen Gründen nicht möglich sein oder sollten Bodenschutzaspekte dem entgegenstehen, sei die Untere Bodenschutzbehörde zu informieren. Diese werde den Sachverhalt prüfen und entscheiden. Beim Fundamentabriss würden die Betonteile aus dem Fundamentkörper und der Sauberkeitsschicht von den Stahlteilen der Bewehrung getrennt. Der Stahl könne verschrottet oder einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Vorgaben und Standards beim Fundamentrückbau
„Grundsätzlich wird, wie auch im vorliegenden Fall, durch die ökologische Baubegleitung sichergestellt, dass der Einfluss auf diese Funktionen so gering wie möglich gehalten und so viele Funktionen wie möglich wiederhergestellt werden“, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Der Verbleib und die Entsorgung der wassergefährdenden Stoffe der Windenergieanlagen seien beim Abbau / Rückbau der Anlagen nachzuweisen. Sofern es im Rahmen der Bautätigkeiten zu Kontaminationen des Bodens käme, sei die Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde unverzüglich zu informieren.
Der Vorhabenträger bediene sich im genannten Fall einer Firma in Spanien, die als einzige die Möglichkeit habe, die Rotorblätter und die Ummantelung zu schreddern und in Form von Parkbänken, Mülleimern, Stühlen, etc. wiederzuverwenden. In Deutschland gäbe es noch keine Firma, die dies vergleichsweise verwerten kann.
Windenergieverband hält kurzzeitige Lagerung von Anlagenteilen für möglich
„Der Bundesverband Windenergie (BWE) kann weder eine Aussage über die Echtheit der Bilder noch über die Validität der Vorwürfe treffen. Die Prüfung solcher Fälle obliegt den örtlichen Behörden“, schreibt ein Verbandsvertreter auf top agrar-Anfrage.
Generell lasse sich aber sagen: Die Demontage einer Anlage vor Ort sei gängige Praxis und lasse noch keinen Schluss auf unsachgemäßes Vorgehen zu. „Auch die kurzzeitige Lagerung von Anlagenteilen vor Ort kann durchaus vorkommen. Sie ist abhängig davon, wie schnell die Teile abtransportiert werden können“, so der Verband weiter.
Bis zu 90 % einer alten Windenergieanlage wird recycelt
Das Recycling von Windenergieanlagen (WEA) werde immer häufiger als Argument gegen den Ausbau der Windenergie in Stellung gebracht. „Dabei wird auf vermeintlich schädliche Umweltauswirkungen bei der Herstellung und Ressourcenverwendung abgestellt. Mittlerweile sind jedoch zwischen 80 und 90 Prozent der Gesamtmasse einer Windenergieanlage in etablierten Recyclingkreisläufen verwertbar“, berichtet der Sprecher. Mit Bestandteilen aus Stahl und anderen Metallen würden sogar Primärrohstoffe eingespart und weniger Energie für die Aufbereitung als die Neuherstellung verwendet.
Generell unterstützt der Bundesverband Windenergie die Bestrebungen der Branche, einen geordneten Rückbau und eine sinnvolle Verwertung zurückgebauter Windenergieanlagen zu sichern. Dazu begleitet der Verband verschiedene Projekte der Branche und Behörden und fordert alle Akteure auf, gemeinsam globale bzw. mindestens europäische und einheitliche Regeln zu erarbeiten.
Weitere Infos
Detaillierte Informationen zum Rückbauprozess finden Sie im Informationsblatt des BWE „Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen“. Dort gibt es auch Informationen zur Verwendung von Altanlagenteilen.
Alle Dokumente zum Thema Rückbau sind auf der BWE-Seite zusammengefasst: https://www.wind-energie.de/themen/anlagentechnik/rueckbau/
Die Stellungnahme des Landkreises Aurich finden Sie auf der Internetseite des Wattenrates hier.
Umfangreiche Dokumente zum Rückbau und zum Recycling bietet auch die Fachagentur Wind und Solar. Dazu gehören u.a. die Dokumentation eines bundesweiten Erfahrungsaustausches von Ende 2023 oder eine vierseitige Infobroschüre "Kompaktwissen Rückbau und Recycling".