Der Ausbau der erneuerbaren Energie hat für die Bundesregierung Priorität – anscheinend müssen da Eigentumsrechte zurückstehen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Familienbetriebe Land und Forst und andere Organisationen wollen das so nicht akzeptieren.
Heute will das Bundeskabinett den als Solarpaket I bezeichneten Gesetzentwurf zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung beschließen. Vorgesehen ist dabei auch eine Duldungspflicht für den Bau von Stromleitungen.
Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Betreiber von Anlagen der erneuerbaren Energien künftig fremde Grundstücke nutzen dürfen, um Leitungen zu den Verknüpfungspunkten in das Energienetz oder Direktleitungen zu Kunden zu führen, außerdem Überfahrungsrechte zum Betrieb der Anlagen sowie Überschwenkrechte für Windenergieanlagen. Für die Leitungsführung ist eine Vergütung von 5 % der Schutzstreifenfläche vorgesehen.
Krüsken: Duldung verfassungsrechtlich fragwürdig
Eine solche Duldungspflicht ist laut DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken allerdings verfassungsrechtlich fragwürdig, kommt einer entschädigungslosen Enteignung gleich und missachtet die Rechte der Bewirtschafter und Grundstückseigentümer. Er befürchtet, dass bei einer Umsetzung der Regelung die Akzeptanz für erneuerbare Energien, insbesondere für die Photovoltaik im ländlichen Raum einbrechen wird.
Der Deutsche Bauernverband rechnet bis 2030 mit mindestens 80.000 ha zusätzlichem Flächenverlust allein durch PV. Agri-PV könne das Thema Flächenverlust etwas entschärfen. „Dazu gehören klare Definitionen, Konzepte und gleiche Förderrichtlinien für alle Formen der Agri-PV. Darüber hinaus müssen die Konzepte weitergedacht werden und dürfen sich nicht nur auf den Ausbau konzentrieren“, betonte Krüsken.
Stockhausen: Vergütungssätze viel zu niedrig
Auch die Familienbetriebe Land und Forst lehnen eine gesetzliche Duldungspflicht klar ab. Verbandsgeschäftsführer Leo v. Stockhausen fordert stattdessen vertragliche Vereinbarungen, die angemessene Vergütungen vorsehen. Grundstücksnutzungen zur Leitungsführung müssten grundsätzlich nach Art einer Pacht wiederkehrend vergütet werden. Mindestens müssten angemessene Einmalvergütungen gezahlt werden. „Davon sind die Vorschläge des Solarpaket I mit einer Vergütung von 5 % des Verkehrswerts der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche weit entfernt“, betonte Stockhausen. Hier sei mindestens eine Angleichung an die Vergütungssätze der Stromnetzentgeltverordnung geboten. “
Bitter: In der Praxis überflüssig
Noch schärfer fällt die Kritik vom Verband AGDW – Die Waldeigentümer aus. Für AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter käme die Duldungspflicht für Leitungen „teilweise einer Enteignung gleich“. Ohnehin sei die Duldungspflicht in der Praxis überflüssig, denn „mir ist kein Fall bekannt, in dem die Aufstellung einer Solar- oder Windkraftanlage am Widerstand eines Waldbesitzenden gescheitert ist, der die Durchleitung verhindert hat“. Im Gegenteil ergäben sich nur durch individuelle Verhandlung auch marktgerechte Preise für die Durchleitung, die sich am Ertragspotenzial der Nutzung orientieren.