Die geplante Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zur Definition von „grünem Wasserstoff“ droht, ihren Zweck zu verfehlen. Am 18. März hatte das Ministerium in einem Gespräch mit verschiedenen Marktteilnehmern ein Eckpunktepapier vorgestellt. Dieses lässt deutlich erkennen, dass Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Energieträger Wasserstoff schnell voranbringen will. „Doch die übergeordneten Ziele Klimaschutz und Energiewende bleiben dabei auf der Strecke und mit ihnen die Glaubhaftigkeit des grünen Wasserstoffs“, kritisiert Ove Petersen, Geschäftsführeru und Mitgründer des Unternehmens GP Joule, einem System-Anbieter für integrierte Energielösungen für Strom, Wärme, Wasserstoff sowie Elektromobilität aus erneuerbaren Energien. Petersen hat dazu einen offenen Brief an Minister Altmaier verschickt.
Verordnung soll Kriterien für grünen Wasserstoff festlegen
Hintergrund ist, dass das im Dezember 2020 novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) unter anderem vorsieht, dass Strom aus erneuerbaren Quellen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden soll. Um das zu ermöglichen, wird auf diesen Strom keine bzw. eine geringere EEG-Umlage erhoben. Die genauen Kriterien für den grünen Wasserstoff soll das BMWi bis Ende Juni durch eine Verordnung festlegen. Diese soll laut Gesetz die Markteinführung für grünen Wasserstoff fördern, einen glaubhaften Bezug von Strom aus erneuerbaren Quellen sichern und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Energiesystems leisten. Diesen Anforderungen wird das im März vorgestellte Eckpunktepapier allerdings nicht gerecht. „Das Wirtschaftsministerium versucht, den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen. Doch das geschieht durch zu wenig ambitionierte Kriterien für grünen Wasserstoff. Damit wird Minister Altmaier der Energiewende und dem Klimaschutz unterm Strich nicht nutzen, sondern schaden“, sagt Petersen.
Grünen Wasserstoff mit echtem Grünstrom erzeugen
Das Eckpunktepapier sieht vor, dass der Bezug von Grünstrom für die Wasserstofferzeugung durch Zertifikate nachgewiesen wird, ähnlich wie der Bezug von Ökostrom. Dabei werden allerdings nur die Strommengen betrachtet, nicht der genaue Zeitraum, in denen sie erzeugt wurden. Doch genau das ist entscheidend, denn die Produktion von Wind- und Solarstrom schwankt bekanntlich. Um sicherzustellen, dass Wasserstoff wirklich mit grünem Strom erzeugt wird, müssen Erzeugungs- und Verbrauchsmengen im Viertelstundentakt ausbalanciert werden. Einige Unternehmen, darunter GP Joule, erzeugen bereits auf diese Weise grünen Wasserstoff. Doch diese Kopplung an echten Grünstrom ist teurer als das im Eckpunktepapier vorgesehene Zertifikatemodell. „Nach den aktuellen Eckpunkten wäre es möglich, Wasserstoff faktisch mit Graustrom zu erzeugen und für einen minimalen Aufpreis mit Zertifikaten zu begrünen“, sagt Petersen. Billiger Greenwashing-Wasserstoff wäre so von echtem grünem Wasserstoff nicht zu unterscheiden und würde diesen verdrängen. „Ein Markt für Wasserstoff, der tatsächlich aus Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, kann sich dadurch nicht entwickeln.“
Glaubhaftigkeit von grünem Wasserstoff in Gefahr
Doch mit der Zertifikateregelung gerät nicht nur die Markteinführung für grünen Wasserstoff in Gefahr, sondern auch das zweite gesetzlich festgelegte Ziel der Verordnung. Laut § 93 EEG muss der Wasserstoff nämlich „glaubhaft“ mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt worden sein. „Die Verbindung über die Herkunftsnachweise erfüllt dieses Kriterium nicht und ist damit letztlich rechtswidrig“, erklärt Petersen. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit zum Greenwashing von grauem Wasserstoff zu einem Imageschaden führen würde, der durch spätere Verbesserungen nur noch bedingt auszuräumen wäre. „Es droht ein dauerhafter Reputationsschaden für die erst im Entstehen begriffene Wasserstoffwirtschaft in Deutschland“, sagt Petersen. Er fordert in seinem Brief an Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier deshalb eine schnelle Korrektur der Eckpunkte.