Für die Energiewende sind flexible, sektorenübergreifende Lösungen essentiell. Daher steigt im Bereich der Power-to-X-Lösungen die Zahl der angekündigten Projekte. Das beflügelt die Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas und anderen Technologien zur Sektorkopplung. Jetzt könnten diese für die Energiewende und die Energiespeicherindustrie positiven Entwicklungen jäh gestoppt werden. Hintergrund ist die Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG), wie der Bundesverband Energiespeichersysteme festgestellt hat: Anstatt den Letztverbraucherstatus für Speicher endlich aufzugeben, werde dieser mit der NABEG-Novelle sogar ausgeweitet, indem alle sektorenübergreifende Speichertechnologien pauschal mit Netzentgelten belastet werden. Bisher waren Anlagen zur Wasserelektrolyse mit anschließender Methanisierung von der Netzentgeltpflicht ausgenommen. „Die innovativen und aktuellen stark wachsenden Technologien und Projekte mit einem Schlag in die Netzentgeltpflicht zu nehmen, beerdigt die Sektorenkopplung, bevor sie erwachsen werden konnte“, kritisiert BVES-Bundesgeschäftsführer Urban Windelen.
Netznutzungsentgelte auf Strom für Elektrolyseure
Diese vorgesehene Gesetzesänderung bewirkt, dass Elektrolyseure, die Strom in Wasserstoff umwandeln, künftig Netznutzungsentgelte entrichten müssen. Bislang sind Betreiber von Elektrolyseuren für die ersten 20 Jahre ab Inbetriebnahme der PtG-Anlage von den Entgelten für die Nutzung des Stromnetzes befreit. „Diese Netzentgeltbefreiung soll es künftig nur noch dann geben, wenn der erzeugte Wasserstoff später zur Rückverstromung genutzt und damit ins Stromnetz zurückgeführt wird“, erklärt Ove Petersen, Mitgründer und CEO der GP JOULE Gruppe. Eine derartige Anwendung werde aber auch noch längerfristig ein Ausnahmefall bleiben. Denn wesentlich sinnvoller sei es, den erzeugten grünen Wasserstoff dafür zu nutzen, die Sektoren Mobilität, Wärme und Industrie zügig zu dekarbonisieren.
„Sollte diese Regelung tatsächlich in Kraft treten, würden sich die Netzentgelte wie ein zusätzlicher Strafzoll auswirken, wenn Strom aus erneuerbaren Energien die Grundlage für Energie in Mobilität, im Wärmesektor und in industriellen Prozessen ist“, kritisiert Petersen. Der Strombezug würde sich für PtG-Anlagen erheblich verteuern, so eine wirksame Sektorenkopplung komplett unwirtschaftlich machen und damit faktisch verhindern. „Die Auswirkungen wären verheerend: Das bedeutet nichts weniger als einen mutwilligen Verzicht auf das Schlüsselelement ‚Grüner Wasserstoff‘ als klimaneutraler Energieträger“, verdeutlicht Petersen.
Abgeordnete haben die Auswirkung wohl nicht gekannt
Dr. Florian Valentin, Sprecher der BVES-AG „Energierecht und Regulierung“ und Partner bei von Bredow Valentin Herz: „Die Tatsache, dass die weitreichenden Auswirkungen dieser gesetzgeberischen „Klarstellung“ für keinen Abgeordneten in der Kürze der Zeit erkennbar gewesen sein dürften, zeigt einmal mehr, dass die energierechtlichen Regelungen zu Speichern eine Komplexität aufweisen, die nicht länger tragbar ist.“
Jetzt ist der Bundesrat gefragt
Eine Chance, die NABEG-Änderungen noch aufzuhalten, liegt bei den Bundesländern. Das NABEG ist kein zustimmungspflichtiges Gesetz, doch der Bundesrat könnte eine erneute Befassung des Bundestages mit dem Gesetz erwirken. Die weitreichenden Folgen für sektorenübergreifende Energiespeichertechnologien stehen im starken Kontrast zu den Zielen der Bundesregierung, wie sie etwa im Koalitionsvertrag festgehalten werden (z.B. „Wir wollen die Sektorenkopplung voranbringen und den regulativen Rahmen ändern, so dass „grüner Wasserstoff“ und Wasserstoff als Produkt aus industriellen Prozessen als Kraftstoff oder für die Herstellung konventioneller Kraftstoffe (z. B. Erdgas) genutzt werden kann.“).
Vor dem Hintergrund dieser politischen Ziele kritisiert der BVES Bundesverband Energiespeicher deutlich die weitreichenden Konsequenzen aus dem NABEG für Speicher.