Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Baywa in Insolvenzgefahr Blauzungenkrankheit Afrikanische Schweinepest

topplus Solarparks und Landwirtschaft

So können Gemeinden den Solarausbau steuern

Netzanschluss, Konkurrenz zur Landwirtschaft, negative Strompreise: Bei der Umsetzung der Energiewende gibt es viele Herausforderungen. Kommunen könnten zur Lösung beitragen.

Lesezeit: 6 Minuten

Der rasante Ausbau der Photovoltaik führt schon heute zu Problemen mit überlasteten Stromnetzen und negativen Strompreisen. Die Folgen für Betreiber sind abgeregelte Anlagen, ausfallende Stromvergütung und sinkende Wirtschaftlichkeit. Wie Gemeinden den Ausbau sinnvoll steuern können, um diese Probleme zu vermeiden, erklärt am Beispiel von Niedersachsen Stadt- und Raumplaner Ulf Larschow vom Planungsbüro EE-Plan aus Cuxhaven.

Niedersachsen hat sich vorgenommen, die Solarstromleistung bis 2035 auf insgesamt 65 GW auszubauen. Davon sollen 50 GW auf Dachflächen und 15 GW auf Freiflächen installiert werden. Wie kommt der Ausbau der Freiflächenphotovoltaik in Niedersachsen voran?

Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Larschow: Wir sehen in einigen Gemeinden Niedersachsens ganz gute Ansätze, wenn sie die Flächennutzungsplanung in die Hand nehmen und darüber den Ausbau steuern. Häufig gibt es in diesen Gemeinden oder Landkreisbehörden Spezialisten, die eine positive Einstellung zur Energiewende haben und die Chancen erkennen. In anderen Behörden funktioniert nichts, weil sich die Mitarbeiter aus Unsicherheit, etwas Falsches zu entscheiden, extrem absichern. Viele Gemeinden folgen den Empfehlungen des Niedersächsischen Städte- und Landkreistages und beauftragen Potenzialstudien für die Freiflächenphotovoltaik. Dieses Vorgehen wird von der Landesregierung ebenfalls empfohlen und daher häufig genutzt. Allerdings verzögert es die Planung von dringend benötigten Projekten um mehr als ein Jahr. Und das reicht häufig noch nicht aus.

Warum nicht?

Larschow: Die meisten Potenzialanalysen betrachten lediglich Themen des Naturschutzes und die Bodenfruchtbarkeit. Andere wichtige Themen, wie Netzanbindung oder Direktversorgung von Gewerbe und Industrie spielen keine Rolle. Der Flächennutzungsplan ist das erste Instrument der Bauleitplanung. Mit der vorbereitenden Bauleitplanung formuliert die Gemeinde ihre Absichten, erklärt also, wo sie sich Solarparks vorstellen kann und wo nicht.

Wenn jedoch wichtige Kriterien, wie z.B. der Netzanschluss oder die Dorf-, bzw. Agrarstruktur außer Acht gelassen werden, ist die Regelung nicht zielführend, sondern eher behindernd. Denn viele Verteilnetze sind heute schon ausgelastet und lassen den Anschluss von weiteren Solarparks nur begrenzt oder gar nicht zu. Hinzu kommt, dass bei Solarparks lange Kabeltrassen häufig die Wirtschaftlichkeit gefährden. Zumindest solange der Netzausbau hinter dem Ausbau der Wind- und Solarparks herhinkt, sollte dieses thematisiert werden, neue Erzeugungskapazitäten, die der Direktversorgung von großen Verbrauchern (Industrie) dienen, sollten priorisiert werden.

Wie lässt sich das lösen?

Larschow: Die Gemeinde hat die Möglichkeit, als zentraler Vermittler für Projektierer bzw. Investoren von Wind- und Solarparks oder Biogasanlagen aufzutreten. Wenn beispielsweise ein Windpark ans Netz geht, ist in der Regel wegen der hohen Leistungsabgabe ein Umspannwerk nötig. Der Strom wird normalerweise in das Hochspannungsnetz (110 KV-Ebene) als erste Übertragungsnetzebene eingespeist, während Solarparks bis zu einer Größe von ca. 20 ha oder analog ca. 20 MWp Leistung meist nur ans Mittelspannungsnetz (Verteilnetz) angeschlossen werden. Ideal wäre es, wenn diese an die Umspannwerke der Windparks mitandocken, da sich die Erzeugungsprofile von Wind- und Solarparks i.d.R. gut überlagern lassen, ohne die Netzkapazitäten unnötig zu belasten. Das wäre smart und würde unnötige Kosten sparen.

Jedoch weiß der Solarparkprojektierer häufig gar nicht, was sonst noch so in der Region geplant ist. Wenn die Gemeinde alle Anfragen bündelt und den Austausch Projektbeteiligten moderiert, kann sie z.B. dafür sorgen, dass in ihrem Verantwortungsbereich wirtschaftlich stabile Projekte entstehen, die den gesellschaftlichen Wünschen nach intelligenter Versorgung durch Sektorkopplung entsprechen.

Darunter fallen die Planung von Batteriespeichern, Elektrolyseuren, die Kombination mit Biogasanlagen oder Wärmenetzen bzw. Wärmespeichern. Anderenfalls lassen sich keine Synergiepotenziale heben. Ein gutes Beispiel sind die vielerorts die Gesprächsrunden unter der Federführung der Industrie- und Handelskammer. Häufig werden hier Kommunen, Projektierer, Netzbetreiber und Gewerbeunternehmen zusammengebracht.

Dient das auch dem regionalen Stromverbrauch?

Larschow: Auf jeden Fall. Gewerbe- und Industriebetriebe können von günstigem Solarstrom profitieren. Dafür ist es hilfreich, wenn der Planer eines Solarparks von dem Bedarf erfährt und den Standort bzw. die Stromvermarktung entsprechend danach ausrichten kann. Genauso lassen sich mit Großbatterien an Netzknotenpunkten Geschäftsmodelle entwickeln. Wer künftig eine Batterie oder einen Elektrolyseur zur Wasserstofferzeugung rentabel betreiben will, ist auf mehrere Vermarktungsoptionen angewiesen. Hierfür müssen möglichst alle Akteure an einen Tisch und gemeinsam Lösungen erarbeiten.

Wir müssen an alle Beteiligten, vor allem an die Projektierer, appellieren, nicht nur mit einfachen EEG-Vergütung zu planen, sondern auch die Energieabnahme mitzudenken. Künftig wird es bei negativen Strompreisen keine Vergütung mehr geben. Das ist noch viel zu wenig bekannt.

Ein weiteres Thema in vielen Gemeinden ist die Landwirtschaft. Viele Flächenbewirtschafter sorgen sich, dass ihnen Pachtflächen zugunsten von Solarparks entzogen werden. Was kann die Gemeinde hier tun?

Larschow: Das ist in der Tat ein häufiges Problem. Wir müssen die Landwirtschaft vor Ort erhalten. Wenn aktive Bauern Wirtschaftsflächen verlieren, weil die Grundeigentümer die Flächen für Solarparks lukrativer verpachten können, kann es für einzelne Betriebe existenzbedrohend sein, wenn sich ein Betrieb verkleinern muss und eventuell noch Verbindlichkeiten für neue Stallungen zu bedienen sind. Denn häufig fallen Flächen mit 20 ha und mehr aus der Bewirtschaftung. Auch hier muss die Gemeinde hinschauen und beispielsweise die Landwirtschaftskammer oder das Landvolk einbeziehen, die die Auswirkungen bewerten können.

In einigen Kriterienkatalogen der Gemeinden oder Landkreise ist eine bestimmte Bodenpunktzahl angegeben, ab der Solarparks nicht mehr gebaut werden sollen. Ist das ein gangbarer Weg?

Larschow: Das geht auf eine Empfehlung des Niedersächsischen Landkreistages zurück. Danach sollen Solarparks nur Flächen mit einer Bodenertragszahl von unter 50 gebaut werden dürfen. Das kann hier und da funktionieren, jedoch halte ich die landesweite Anwendung für keinen guten Weg. Denn es gibt Gemeinden, deren Böden durchgehend fruchtbar sind, mit hohen Werten jenseits der 50 Bodenpunkte, andere dagegen weisen sich durch überwiegend ertragsschwache Böden aus. Wir können doch Gemeinden in benachteiligten Gebieten nicht die ganze Last überstülpen, während in anderen Regionen keine Energiegewinnung aus solarer Strahlung zugelassen wird.

Welche Rolle spielt das Baurecht bei der Umsetzung?

Larschow: Solarparks entlang von Infrastrukturachsen, wie Autobahnen oder Eisenbahnhauptverkehrsstrecken sind in einem Korridor von 200 m planungsrechtlich privilegiert, eine EEG-Vergütung ist dagegen innerhalb eines 500 m breiten Streifen neben Autobahnen oder mehrgleisigen Schienenwegen möglich. Es gibt Kommunen, wie z.B. Walsrode, durch die mehrere solcher Strukturachsen führen. Bei ihnen könnten also theoretisch sehr viele Flächen mit Solaranlagen belegt werden – unabhängig davon, welche Bodengüte vorherrscht, welchen Bedarf die Landwirtschaft hat, wie die Netzanschlusssituation oder der regionale Strombedarf ist.

top + Mehr Wissen in weniger Zeit

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch direkt per Mail

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.