Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

BayWa in Insolvenzgefahr Ernte 2024 GAP-Vereinfachungen

topplus Podiumsdiskussion

Strom, Gas, Wärme: Es kommt auf den Netzausbau an

Auf einer Diskussionsrunde des Landesverbandes Erneuerbare Energien Niedersachsen während der Tarmstedter Ausstellung wurde deutlich, dass die Energiewende stark an den Netzen hängt.

Lesezeit: 5 Minuten

Niedersachsen ist das Bundesland mit den meisten Windrädern in Deutschland. Gleichzeitig gibt es in dem Küstenland aber auch die meisten Bauvorhaben für neue Stromnetze. Zudem soll importierter Wasserstoff von der Küste durch neue Gasleitungen in das industriereiche Ruhrgebiet transportiert werden. Und zuletzt treibt viele Kommunen im ländlichen Raum die kommunale Wärmeplanung um, bei der Wärmenetze zur Versorgung der Dörfer ein Schlüsselelement sein können.

Wie es bei Strom-, Gas- und Wärmenetzen weitergehen kann und wie der Ausbau gelingt, diskutierten Experten in einer Talkrunde des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) Niedersachsen während der Tarmstedter Ausstellung.

Der Stromnetzausbau

Für Bärbel Heidebroek, LEE-Vorsitzende und Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie, hat Deutschland beim Netzausbau viel Zeit verschlafen. „Es gibt den Vorschlag, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verlangsamen, bis wir ausreichend Netze haben, aber das kann auf keinen Fall die Lösung sein“, machte sie deutlich.

Als Lösung sagte sie u.a. mit Blick auf eine aktuelle Studie des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, dass man auch Wind- und Solarparks sowie Biogasanlagen gemeinsam an einem Netzverknüpfungspunkt anschließen könnte, auch wenn das die aufsummierte installierte Leistung der Anlagen nach aktuellem Regelwerk nicht hergeben würde. „Aber die Technologien produzieren die meiste Zeit nicht gleichzeitig Strom, sodass wir das Netz damit nicht überlasten. Wenn dann noch Batteriespeicher dazu kommen, können wir für ein stabiles Netz sorgen“, sagte sie.

Eine weitere Komponente sei der flexible Verbrauch von Strom bei Haushalten und Industriebetrieben, der sich an die Erzeugung anpassen und über flexible Strompreise und Netzentgelte angereizt werden müsste. Ihrer Meinung nach wird Niedersachsen davon profitieren, weil sich die Industrie da ansiedelt, wo günstig Energie vorhanden ist.

Aktuelle Beispiele dafür seien der Batteriehersteller Northvolt in Schleswig-Holstein, der E-Autohersteller Tesla in Brandenburg oder der Chiphersteller Intel in Magdeburg. „Mein Ziel in den nächsten 5 bis 10 Jahren ist es, dass wir jede Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien auch nutzen bzw. speichern können und die Anlagen nicht mehr abregeln müssen“, sagte sie.

„Das ist nötig, damit die Landwirte als Investoren auch wieder mehr Sicherheit für ihr Engagement bekommen. Es kann nicht sein, dass ein Landwirt eine 400 kW-Anlage auf der Kartoffellagerhalle installiert und nicht weiß, ob er den Strom auch verkaufen kann“, ergänzte Dr. Marco Mohrmann, CDU-Landtagsabgeordneter und Mitglied im Landtagsausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Den Netzausbau behindern nicht nur viele gesetzliche Regelungen. „Dazu kommt, dass wir z.B. bei einer Stromübergabestation Lieferzeiten von 60 bis 70 Wochen haben“, erklärte Justin Müller, Leiter Politische Angelegenheiten beim Netzbetreiber EWE AG.

Der in Niedersachsen beschlossene Vorrang für Erdkabel helfe ebenfalls nicht weiter. Er sorge zwar für mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung, führe aber bei der Finanzierung zu Verzögerungen. Nach neuen Berechnungen der Bundesnetzagentur zeigt sich: Würden statt Erdkabeln Freileitungen verlegt, ließen sich 35,3 Mrd. € einsparen. „Da die Kosten für den Netzausbau auf die Verbraucher umgelegt werden, würden Freileitungen auch für niedrigere Strompreise sorgen“, machte er deutlich. Trotz einiger Bürgerinitiativen sei der Netzausbau mit Freileitungen schneller als mit Erdkabeln.

Beim Erdkabelvorrang sind auch viele Landwirte betroffen, über deren Flächen die Leitungen verlegt werden müssen. Mit einem Entschließungsantrag will die CDU-Fraktion im Landtag dafür sorgen, dass beim Netzausbau weniger landwirtschaftliche Fläche in Anspruch genommen wird. „Man kann nicht wegdiskutieren, dass sich mit dem Verlegen der Leitungen auch dauerhaft etwas ändert auf dem Acker, die Böden leiden darunter. Wenn die Gesellschaft das so will, muss sie auch diejenigen dauerhaft entschädigen, die ihr Land dafür weggeben müssen“, betonte Mohrmann.

Das Wasserstoffnetz

Der Bedarf an zusätzlichen Stromnetzen könnte sich mit der Elektrolyse reduzieren lassen, mit deren Hilfe aus Strom Wasserstoff hergestellt wird. Dazu haben die Teilnehmer der Talkrunde folgende Meinung:

  • Bärbel Heidebroek: „Es ist regulatorisch nicht so einfach, Strom aus einem Windpark im Elektrolyseur zu nutzen. Zudem gibt es noch keinen Markt für den noch sehr teuren grünen Wasserstoff. Die Industrie hat zwar großen Bedarf, will oder kann aber noch nicht den nötigen Preis zahlen.“

  • Marco Mohrmann: „Wenn man mit Elektrolyse-Experten spricht, wird schnell klar, dass sich die Wasserstoffproduktion nur in Zeiten, in denen die Netze überlastet sind, nicht lohnt.“

  • Silke Weyberg, LEE-Geschäftsführerin: „Wir brauchen neben einem Wasserstoffkernnetz auch das Gasnetz für Biomethan. Die Politik muss aber endlich mal eine Antwort darauf finden, wo sie die Biogasanlagen in Zukunft einsetzen will: In der Gasproduktion oder im Strommarkt? Dann könnten sich die Betreiber darauf einstellen und das Gasnetz auch als Speicher nutzen.“

  • Justin Müller: „60 % der Leitungen beim geplanten Wasserstoffkernnetz werden ehemalige Erdgasleitungen sein, die umgewidmet werden. Damit sparen wir 35 % der Kosten von neuen Leitungen. Wir müssen die Netze aber auch mit Blick auf die Wärme zusammen planen.“

Die Wärmenetze

Zu diesem Thema äußerten sich die Talkrundengäste so:

  • Marco Mohrmann: „Wir müssen den Biogasanlagenbetreibern eine Perspektive bieten, für die Biomethanproduktion genauso wie für die Stromerzeugung. Es ist fatal, wenn man jetzt darüber nachdenkt, Biogas aus der Ukraine zu importieren. Warum nutzt man nicht das heimische Gas? Bei der Wärmewende müssen wir Gemeinden auch ermöglichen, einen 17 m hohen Wärmepufferspeicher zu bauen, ohne das ein kompliziertes B-Plan-Verfahren nötig ist.“

  • Bärbel Heidebroek: „Wir brauchen individuelle Lösungen, um die Wärme sinnvoll zu nutzen, die vor Ort vorhanden ist. Dazu gehört die Biogasabwärme genauso dazu wie die Abwärme aus einem Elektrolyseur. Wo es viel Photovoltaik auf den Dächern gibt, sind auch Wärmepumpen sinnvoll. Aber auch Power-to-Heat-Anlagen können helfen, um aus Windstrom dann Wärme direkt zu erzeugen, wenn die Anlagen aufgrund von Netzengpässen abgestellt werden müssten. Wir müssen jetzt schnelle Lösungen finden.“

  • Silke Weyberg: „Wir haben viele Möglichkeiten und Potenziale, auch z.B. bei der Geothermie. Vieles ist nicht möglich, weil es bürokratische Hemmnisse gibt. Hier müssen wir ansetzen und den Investitionswilligen mehr freie Hand lassen.“

Mehr zu dem Thema

top + Ernte 2024: Alle aktuellen Infos und Praxistipps

Wetter, Technik, Getreidemärkte - Das müssen Sie jetzt wissen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.