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Weniger Schäden, mehr Ertrag

Wie Biogasanlagenbetreiber Schäden und Störungen vermeiden und den Ertrag der Anlage steigern können, zeigten kürzlich mehrere Vorträge auf der Internationalen Bio- und Deponiegastagung der DAS IB GmbH in Berlin.

Lesezeit: 9 Minuten

Eine der häufigsten Störungsursachen in Biogasanlagen ist seit Jahren das Blockheizkraftwerk (BHKW). Das zeigten kürzlich mehrere Vorträge auf der Internationalen Bio- und Deponiegastagung der DAS IB GmbH in Berlin. Marcel Mattern von der DAS-IB GmbH aus Kiel hat dazu bereits zahlreiche Gutachten für Versicherungen erstellt: „Viele Schäden hätten sich vermeiden lassen, wenn der Betreiber oder das Wartungspersonal Vorgaben des Herstellers eingehalten hätten.“ Zur Schadensvermeidung gehört z.B., dass Schrauben gemäß Vorgaben entsprechend nachgezogen oder Komponenten, Kabel usw. fachgerecht installiert und deren Einbau mit den richtigen Messgeräten überprüft werden. Auch haben Betreiber aus Fehlern nicht gelernt, sodass teilweise zwei gleiche Schäden innerhalb eines Jahres auftraten. „Häufig fanden auch die vorgeschriebenen wiederkehrenden Prüfungen nicht statt“, zählt Mattern weiter auf. Ebenso stellte er fest, dass keine Rohgas-, Kühlwasser- oder Ölanalysen vorlagen, was zu weiteren Schäden an den Motoren führte. Oder die Betreiber haben eine geforderte Leistungsreduktion des Herstellers oder die Vorgaben nach der Mittelspannungsrichtlinie ignoriert, die vorschreibt, inwiefern BHKW zur Netzstabilität beitragen müssen. „Nur 10 % der Betreiber, BHKW-Hersteller oder Wartungsfirmen kennen die geltenden Vorschriften oder halten sich daran“, lautet sein Fazit. Wenn die Betreiber so nachlässig in die bedarfsgerechte Stromerzeugung einsteigen würden, seien weitere Schäden programmiert, ist Mattern überzeugt.


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Betriebsunterbrechungen verursachen Verluste


Die finanziellen Auswirkungen waren dabei weniger Sachschäden, sondern eher die Betriebsunterbrechung, die sich aufgrund von Lieferengpässen bei Ersatzteilen und Austauschkomponenten ergeben haben.

Das kann Henry Koitsch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bestätigen. Schlecht gereinigtes oder feuchtes Biogas, falsches Kühlmittel, mangelhafte Motorölqualität, Überlastung durch Tuning oder Überhitzung durch defekte Wärmetauscher sind nur einige der Schadensursachen, die die Versicherer regelmäßig zu regulieren haben. Da diese Schäden die Versicherungswirtschaft finanziell unter Druck setzen, hat der GDV zwei Jahre lang mit verschiedenen Partnern eine Broschüre erarbeitet, die demnächst als „VdS 3470“ veröffentlicht werden soll. Zielgruppe dafür sind Betreiber, aber auch Hersteller oder Sachverständige. Darin sollen die gesamte Technik einer Biogasanlage von den Behältern über Rührwerke bis hin zu Gasaufbereitung und Entschwefelung sowie die BHKW-Technik beschrieben werden. „Ziel ist es, anhand von Schäden Schadenverhütungskonzepte für den Betrieb von bestehenden Biogasanlagen aufzuzeigen“, erläutert Koitsch.

Michael Schneider von der Fachhochschule Bielefeld entwickelt zurzeit ein Programm, mit dessen Hilfe Betreiber eine Risikoanalyse vornehmen und die daraus nötigen, individuellen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten ableiten können. Anhand einer angelegten Datenbank sollen die Betreiber dabei z.B. eine Gefährdungsbeurteilung erzeugen und die gesetzlichen Dokumentationspflichten abdecken können. Die Software soll jetzt in der Praxis getestet werden.


Gas richtig kühlen


Biogas muss vor dem Eintritt ins BHKW gekühlt werden, damit enthaltende Feuchtigkeit auskondensieren kann. „Aber nicht jede Abkühlung ist wirtschaftlich und technisch sinnvoll“, erklärt Timo Walter vom Anlagenhersteller Aprovis aus Weidenbach-Triesdorf (Bayern). So würden Anlagenbetreiber häufig eine Abkühlung des Gases auf 5 Grad fordern. Doch nur bei Mikrogasnetzen sei eine Abkühlung auf 3 Grad sinnvoll, erklärt Walter. Beim BHKW dagegen würde eine Temperatur von 10 bis 15 °C völlig ausreichen. Das spart Geld, weil der Kompressor der Gaskühlung weniger häufig laufen muss und entsprechend kleiner dimensioniert werden kann. Nutzt man zusätzlich einen Wärmetauscher, um das Gas vor Eintritt in die Kompressionskältemaschine vorzukühlen, ließen sich bis zu 20 % der Stromkosten sparen. Aprovis bietet hierfür die Anlage „Fricon plus“ an. Weitere Kosteneinsparungen seien möglich, wenn man das Biogas über Umgebungsluft vorkühlt. Je höher die Gaseintrittstemperatur und je niedriger die Außentemperatur, um so schneller rechne sich eine entsprechende Anlage.

Weitere Kosten lassen sich laut Walter beim Aktivkohlefilter sparen. Muss der Aktivkohlefilter per Absaugung geleert werden, wird auch die unverbrauchte Kohle ausgetauscht. Steht der Filter dagegen auf Füßen, lässt sich über einen Schieber in dem kegelförmigen Auslass unten am Filtergehäuse verbrauchte Aktivkohle in einen Big-Bag abfüllen, während oben im Filter unverbrauchte Aktivkohle verbleibt. Auf diese Weise kann der Anlagenbetreiber Aktivkohle je nach Bedarf auch teilweise austauschen, wenn er beispielsweise den Filterwechsel mit einem anstehenden Ölwechsel am BHKW zusammenlegt.


Wartung der Foliendächer


Bei der Wartung von Biogasanlagen denken die meisten Betreiber an BHKW, Rührwerke oder Pumpen. Dass aber auch der Gasspeicher und die damit verbundenen Komponenten regelmäßig überprüft werden müssen, wird oft vernachlässigt. Markus Thomasser von der Sattler AG aus Rudersdorf (Österreich) kennt das aus der Praxis: „Es gibt Fälle, da haben sich nach einem Sturm Wassersäcke auf dem Foliendach gebildet, sodass sich das Gasbefüllrohr durch die Folie gedrückt hat.“ Wenn dagegen die Überdrucksicherung oder Druckregelklappen nicht einwandfrei funktionieren, kann es zum Überdruck und damit zu Beschädigungen der Folie kommen. Entweicht aus einem unentdeckten Leck im Gasspeicher nur 5 Liter Biogas pro Minute, sind das 7200 Liter am Tag und 2,6 Mio. l pro Jahr. „Im Jahr kann der Betreiber damit über 2000 Euro Einnahmen verlieren“, rechnet Thomasser vor. Sattler bietet daher einen Wartungsservice an, um Schäden rechtzeitig zu erkennen und zu reparieren. Die Wartung umfasst u.a. Innen- und Außenmembrane, Gebläse, Sicherheitsventile oder Füllstandsmessungen. Inzwischen würden auch Versicherungen verstärkt nach diesen Serviceprotokollen fragen. Außerdem hat Sattler zusammen mit der deutschen Tochter Ceno Tec aus Greven Montageanleitungen erstellt, anhand derer die Betreiber Reparaturen am Gasspeichern, Scheiben oder Gasschläuchen selbst und sicher durchführen können. Dafür müssen die Behälter nicht mehr geleert werden. Zusätzlich empfiehlt der Speicherhersteller, dass Betreiber nach Stürmen oder größeren Störungen die Bauteile nach Beschädigungen kontrollieren sollten.


Schaumbildung schnell feststellen


Neben Übersäuerung des Fermenterinhalts oder der Bildung von Schwimmschichten gilt die Schaumbildung als dritte wichtige Störungsursache in Biogasfermentern. „Betroffen sind vor allem Abfallanlagen, hier haben 80 % der Betreiber schon Schaum im Fermenter gehabt“, berichtet Dr. Lucie Möller vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Aber auch jede zehnte landwirtschaftliche Anlage hat das schon einmal erlebt. Die Folge: Der Schaum verstopft Gasleitungen oder Überdrucksicherungen, es kann aber auch zu Beschädigungen am Fermenterdach kommen, wenn sich das Volumen des Fermenterinhalts ausdehnt. Weniger Gasertrag, mehr Rühraufwand, Zugabe von Anti-Schaummitteln und andere Sofortmaßnahmen führen zu Ertragseinbußen bzw. zu höheren Kosten.

Die Ursachen für die Schaumbildung sind sehr unterschiedlich. Häufig hat sich die Temperatur im Fermenter erhöht oder der Betreiber hat Substrat eingesetzt, das zur Schaumbildung neigt. Bei plötzlicher Temperaturschwankungen ändert sich die CO2-Löslichkeit im Fermenter, sodass CO2 entweicht und Schaum entsteht. Bei den Substraten dagegen gelten proteinhaltige Rohstoffe wie feingemahlenes Getreide oder Zuckerrüben als risikoreich.

Um Schaumbildung künftig vermeiden zu können, hat das UFZ das Testset „Leipziger Schaumtester“ entwickelt. Dabei wird eine Glasflasche mit dem zu überprüfenden Substrat in einem speziellen Gerät konstant erhitzt. Mit dem Gerät lässt überprüfen, ob ein Substrat zur Schaumbildung neigt und ob die Zugabe von bestimmten Substanzen (z.B. Harnstoff bei Zuckerrüben, Sojaöl bei Getreideschrot) für Abhilfe sorgen kann.


Lohnt sich eine Erweiterung?


Ob sich die freiwillige Erweiterung einer Anlage lohnt, lässt sich auf verschiedene Weise ermitteln. Eine Möglichkeit ist es, die Effizienz der Anlage und deren Potenzial zu bestimmen. Dazu hat die Biogas-Akademie aus Kiel zusammen mit der FH Flensburg und anderen Partnern ein Verfahren entwickelt. Hierbei wird zunächst mit der „Bombenkalorimetrie“ in einer speziellen Anlage die vorher getrockenete Biomasse verbrannt und über die entstehende Wärmeenergie der Energieinhalt bestimmt. So lassen sich Rohstoffe und Gärreste, also In- und Output, untersuchen. „Das dauert nur zwei Tage und geht damit wesentlich schneller als ein Gärtest“, erklärt Rainer Casaretto von der Biogas-Akademie.

Mit diesem Verfahren lässt sich der Wirkungsgrad der Vergärung bestimmen – und zwar für jede beliebige Rohstoffmischung in Nawaro-Anlagen.  Wenn der Input pro Tonne Substratmix beispielsweise 1546 kWh Energie enthält und sich im Gärrest 604 kWh befinden, hat die Anlage einen absoluten Wirkungsgrad von 61 %. Das bedeutet: 61 % der im Ausgangsstoff enthaltenen Energie hat die Anlage umgesetzt.

Wenn dieser Anlagenbetreiber beispielsweise einen Substratmix mit 60 %,  30 % Rindermist und 10 % Gras fährt und für die Mischung 38,30 Euro pro Tonne Frischmasse (€/t FM) zahlt, würde beim Wirkungsgrad von 61 % im Gärrest noch Energie im Wert von 14,79 €/t FM stecken. Dieser Betrag errechnet sich so: 38,30 €/t FM (Ausgangsmaterial) dividiert durch 1564 kWh (Energie im Ausgangsmaterial) multipliziert mit 604 kWh (Energie im Gärrest). Setzt die Anlage pro Jahr 10.000 t Substrat ein, stecken fast 148.000 € im Gärrest. „Anhand dieser Zahlen kann man berechnen, ob sich die Investition in eine Aufbereitungstechnik lohnt“, resümiert Casaretto. Wenn eine Aufbereitungsanlage also beispielsweise 100.000 € kostet und bei einer Amortisationszeit von vier Jahren jährlich 30.000 € Kosten verursacht, müsste sie den Wirkungsgrad der Anlage so anheben, dass sich entsprechend weniger Energie im Gärrest befindet – in unserem Beispiel müsste die Aufbereitungstechnik dafür sorgen, dass pro t FM im Gärrest mindestens 122 kWh bzw. ein Wert von 3 €/t FM weniger im Gärrest enthalten ist, damit die Kosten von 30.000 € pro Jahr getragen werden.

Die K+W Wirtschaftsberatung GmbH aus Kiel setzt dagegen auf eine langfristige Erfolgs-Vorschaurechnung, um die Wirtschaftlichkeit von Investitionen zu ermitteln. Ziel ist es dabei, künftige Ertrags-, Vermögens- und Liquiditätssituation der Anlage zu prognostizieren. „Damit lassen sich Handlungsoptionen wie Ersatz- bzw. Erweiterungsinvestitionen, Wärmenutzung oder der Einstieg in die bedarfsgerechte Stromerzeugung bewerten“, zählt Mitgeschäftsführer Bernd Wolf auf. Der Anlagenbetreiber kann aber auch anhand von Sensitivitätsanalysen die Erfolgsfaktoren der Anlage ermitteln lassen.


Demnächst Wälle um alle Biogasanlagen?


Erweiterungen von Biogasanlagen können nicht nur im Rahmen der Modernisierung (Repowering) anstehen, sondern demnächst auch vorgeschrieben werden. Denn die Bundesregierung plant die Einführung einer bundesweiten „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ (AwSV), die die bisherigen Landesregelungen ablösen soll. „Neu ist, dass die AwSV alle Anlagenteile wie Fahrsilo, Fermenter und Nachgärer als jeweils eigene Anlage und damit isoliert betrachtet“, erklärt Gepa Porsche vom Fachverband Biogas. Als Auflage drohen eine Umwallung auch von bestehenden Biogasanlagen sowie die Nachrüstung von Gärrestlagern innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung. Da in der Dünge-Verordnung (DüngeVO) jedoch andere Fristen gelten, könne es sein, dass viele Anlagen sogar in kürzerer Zeit nachrüsten müssen. Bislang liegt die AwSV nur im Entwurf vor. Wann die Verordnung in Kraft tritt, lässt sich derzeit noch nicht absehen. „Es gibt auch noch erheblichen Klärungsbedarf wie z.B. bei den Begriffsbestimmungen oder bei Widersprüchen zur Dünge-Verordnung“, führt Porsche weiter aus.



 

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