Windenergie spielt in Deutschland wie auch europaweit eine untergeordnete Rolle als Todesursache für den Rotmilan. Das ist das Ergebnis des Projekts LIFE-Eurokite Plus. Wissenschaftler haben auf Basis von Bewegungsdaten von mehr als 2.000 Vögeln die wichtigsten Todesursachen der Greifvogelart ermittelt. Damit liegen erstmals wissenschaftlich belastbare Zahlen zur Mortalität des für Europa wichtigen Greifvogels vor. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden diese Woche bei der Wingspan-Conference in Brüssel vorgestellt.
Einmaliges Projekt der Vogelkunde
Das Projekt LIFE-Eurokite Plus ist ein in der Ornithologie einmaliges Forschungsprojekt, da es mit GPS-gestützten Bewegungsdaten sowie mit Obduktionsanalysen gestorbener Vögel arbeitet. Diese wissenschaftliche Tiefe ist verbunden mit der bisher unerreichten Anzahl von über 2.000 telemetrierten Vögeln in der Europäischen Union und der Schweiz. Diese wurden in Spanien und anderen europäischen Ländern besendert und bei ihren Streifzügen über ganz Europa hinweg verfolgt.
Erstmalig wird nicht mit Zufallsfunden gearbeitet, sondern eine große Zahl an Vögeln über ihren gesamten Lebenszeitraum hin beobachtet. Unabhängig vom Fundort der toten Tiere wurden diese in jedem Fall obduziert, um die Todesursache klar zu bestimmen. Das heißt: Auch wenn ein toter Vogel an einer Autobahn gefunden wurde, wurde das Tier trotzdem obduziert, um prüfen zu können, ob es beispielsweise einer Vergiftung erlegen war. Die Studie produziert damit erstmals Daten von hoher wissenschaftlicher Belastbarkeit und Güte.
Todesursache von Vögeln: Windenergie auf Platz 5
Unter den Todesursachen in Deutschland liegt das Gefressenwerden durch andere Tiere mit rund 41 % der Todesfälle auf Platz eins. Mit deutlichem Abstand folgt auf dem zweiten Platz der Schienenverkehr. Mehr als 11 % der besenderten Vögel kamen hier zu Tode. Jeweils rund 10 % der Tiere starben im Straßenverkehr sowie durch natürliche Todesursachen (außer Gefressenwerden). Damit sind diese vier Faktoren gemeinsam für fast 73 % aller Todesfälle verantwortlich. Die Windenergie rangiert mit nur 8,3 % auf Platz fünf von zehn untersuchten Faktoren. Nun steht fest: Windenergieanlagen sind keine existenzielle Bedrohung für den Rotmilan.
Diese Erkenntnisse decken sich mit den Zahlen zum Bestand des Rotmilans. Dieser ist in Deutschland in den vergangenen Jahren ungeachtet des weiter voranschreitenden Ausbaus der Windenergie an Land stabil geblieben. Zudem sinkt mit steigender Höhe der Anlagen die Kollisionswahrscheinlichkeit deutlich, da sich die Rotoren inzwischen zunehmend außerhalb des Flugbereichs des Rotmilans befinden.
“Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Der Rotmilan kann sehr gut mit dem Ausbau der Windenergie an Land koexistieren. Wer den Rotmilan schützen will, sollte sich auf eine Verbesserung des Schutzes der Nestlinge vor Fressfeinden konzentrieren. Daneben sollten Maßnahmen ergriffen werden, den Rotmilan besser vor Gefahren im Verkehr zu schützen”, fordert Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie.
