Die Bundesländer müssen nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) der Windenergie „substanziell Raum“ schaffen. Zusätzliche Abstandsregelungen, wie sie in Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein geplant sind, könnten das verhindern und dementsprechend rechtlich unzulässig sein. Das zeigt eine erste Analyse der Stiftung Umweltenergierecht zu den Koalitionsvereinbarungen in beiden Ländern.
Wie Autor Nils Wegner in einem Hintergrundpapier festhält, haben die Bundesländer keinen Regelungsspielraum für Auflagen, die über das Bundesrecht hinausgehen. Eine Länderöffnungsklausel, die Bayern für die umstrittene 10 H-Regelung genutzt hat, gibt es nicht mehr. „Der den Ländern verbleibende Regelungsspielraum beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf planungsrechtliche Festlegungen“, heißt es in dem Hintergrundpapier.
Das Gebot, der Windenergie „substanziell Raum“ zu verschaffen, stellt eine absolute Grenze für die Länder bei der Ausweitung pauschaler Abstände dar. Gehen die Abstandsregelungen über zwingende gesetzliche Anforderungen hinaus, sind diese „Vorsorgeabstände“ als weiche Tabukriterien einzustufen. Sie sind nach Ansicht der Stiftung nur zulässig, wenn auch mit ihnen noch ausreichend Flächen für neue Windenergieanlagen bleiben.
Gegenüber den bislang geltenden Abständen wurde in den Koalitionsvereinbarungen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen teilweise deutlich höhere Abstände zwischen Windenergieanlagen und Siedlungsgebieten vereinbart. Während Schleswig-Holstein aber den Ausbau der Windenergie fortsetzen will und daher flexible Regelungen plant, soll in Nordrhein-Westfalen eine Beschränkung der Windenergienutzung bis zu den Grenzen des rechtlich Zulässigen erfolgen. „Bei einem solchen Austesten der rechtlichen Spielräume besteht die konkrete Gefahr, dass Planungsentscheidungen aufgehoben werden, wenn die Grenzen des Zulässigen überschritten wurden“, schlussfolgert der Autor. Die Folge wäre, dass dann Windenergieanlagen im gesamten Außenbereich privilegiert errichtet werden könnten, soweit keine anderen Belange im Einzelfall entgegenstehen.
Das gesamte Hintergrundpapier finden Sie unter: http://stiftung-umweltenergierecht.de/aktuelles/