Die Bundesregierung will laut Klimaschutzplan bis zum Jahr 2030 eine Treibhausgaseinsparung im Verkehrssektor von 42 bis 40 Prozent erreichen. Wie jedoch lässt sich das realisieren? Sind technische Innovationen für Kraftfahrzeuge ein Allheilmittel? Hierzu hat das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) aus Oberhausen ein Positionspapier erarbeitet.
Technische Lösungsvorschläge zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor basieren meist darauf, dass fossile Kraftstoffe durch elektrischen Strom ersetzt werden, der mithilfe von Sonne, Wind oder Biomasse erzeugt wird. Der direkte Weg, Sonnen- und Windenergie in den Verkehrssektor zu integrieren, besteht darin, Kraftfahrzeuge mit elektrisch angetriebenen Motoren auszustatten, die über eine aufladbare Batterie mit Strom versorgt werden. Auch wenn bei dieser als E-Mobilität bezeichneten Kraftfahrzeugtechnik noch Herausforderungen zu bewältigen sind, die im großen Ressourcenverbrauch für die Batterien, Problemen im Aufbau der Infrastruktur und verringerten Reichweiten bestehen, können die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge laut Fraunhofer Umsicht eine weitgehend CO2-freie Energiequelle für den Verkehrssektor erschließen. Die direkte Stromnutzung mit elektrischen Antrieben ist dabei im Vergleich zu den meisten anderen Optionen mit den niedrigsten Umwandlungsverlusten verbunden.
Biomasse, Wasserstoff und CO₂
Gibt es also zukünftig nur noch Verkehrsmittel mit batterie-elektrischem Antrieb und/oder Brennstoffzellen? Nein, lautet die Position des Fraunhofer UMSICHT zu alternativen Kraftstoffen:
- Es werden auch zukünftig noch Kraftstoffe mit hoher Energiedichte benötigt.
- Zukünftig kann Wasserstoff als Kraftstoff eingesetzt werden. Kraftstoffe können aber auch aus CO₂ und Wasserstoff sowie aus Biomasse hergestellt werden.
- Es sollen bevorzugt Reststoffe biologischen Ursprungs als Rohstoffe für Kraftstoffe verwendet werden. Der Umfang und die Art des Anbaus von Energiepflanzen müssen sozial verträglich sein und dürfen die Nahrungsmittelversorgung sowie bestehende Ökosysteme nicht gefährden.
- Es ist davon auszugehen, dass zunächst vor allem nicht vermeidbare Abgase industrieller Prozesse als CO₂-Quellen dienen werden.
- Es muss priorisiert werden, für welche Zwecke das in Deutschland erschließbare regenerative Energiepotenzial eingesetzt werden soll. Die Versorgung mit Kraftstoffen erfordert internationale Kooperationen, die Regionen mit hohen Potenzialen an erneuerbaren Energien einbeziehen. Ziel dieser Kooperationen muss es sein, bestehende Erdöl- und Erdgasimporte durch Importe von regenerativ hergestellten Energieträgern zu ersetzen. Es ist wichtig, diese internationalen Kooperationen so zu gestalten, dass auch in den Regionen, die die Energieträger exportieren, eine nachhaltige Entwicklung erfolgen kann. Die systemische Verknüpfung von Strom, CO2, Wasserstoff, Zwischenprodukten und Kraftstoffen stellt eine politische, wirtschaftliche, soziale und logistische Herausforderung dar
- Konzepte, die auf Biomasse oder CO₂ als Rohstoff für kohlenstoffhaltige Kraftstoffe setzen, ergänzen sich. Zukünftige regenerative Kraftstoffe werden auf beide Rohstoffquellen zurückgreifen müssen. Zusätzlich gilt es, neue Mobilitätskonzepte zu arbeiten, das Verkehrsaufkommen zu verringern und die Transformation des Energiesystems als interdisziplinäre Aufgabe zu betrachten.
- Zukünftig werden Kohlenwasserstoffgemische, ggf. auch Ethanol, Methanol und methanolstämmige Verbindungen, eine wichtige Bedeutung als Kraftstoffe oder Kraftstoffzusätze haben. Die Produktionsanlagen werden in Bezug auf ihre Zielmärkte flexibel sein und beispielsweise Methanol je nach Bedarf für den Kraftstoff- und Chemikalienmarkt herstellen.
Verfahren sollten parallel entwickelt werden
Das Fazit der Wissenschaftler: Da nicht alle Verkehrsbereiche batterie-elektrisch erschlossen werden können, muss zusätzlich zur E-Mobilität die Entwicklung von Wasserstofftechnologien und Technologien für regenerative Kraftstoffe vorangetrieben werden. Da noch unklar ist, zu welchen Anteilen Biomasse und CO₂ zur Herstellung von Kraftstoffen zukünftig verwendet werden und mit welchen Verfahren dies geschieht, müssen Verfahren parallel zueinander entwickelt und demonstriert werden. Welche Verfahren eingesetzt werden, hängt von Menge und Art der benötigten Kraftstoffe, aber auch von der verfügbaren Biomasse und nutzbaren CO₂-Quellen ab.