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Doreen ist überall

Lesezeit: 3 Minuten

Sie könne erst abends sprechen, sagt Heike Wiesner am Telefon. Vormittags habe sie ihre beiden kleinen Enkelinnen im Haus. „Aber über Doreen reden? Das machen wir“, sagt sie mit fester Stimme.


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Lustig sei ihre Tochter gewesen. In der Kirchengemeinde aktiv, naturverbunden, eine begabte Fotografin, ein herzensguter Mensch. Doreen wurde nur 16 Jahre alt. Die Landwirtstochter starb unverschuldet nach einem Verkehrsunfall, als sie abends mit dem Roller aus dem Nachbarort nach Hause fuhr. „Heute kann ich es als das sehen, was es ist: ein schreckliches Schicksal“, sagt ihre Mutter fast zwölf Jahre nach dem tragischen Unfall. Doch der Weg zurück zu einem normalen Alltag, in dem es Lachen gibt und auch oft Glück, war lang.


An die Zeit nach dem Unfall erinnert sich Heike Wiesner gut. Solange die Familie mit der Beerdigung und den Formalitäten beschäftigt war, habe sie funktioniert. Dann kam der Zusammenbruch. Alles habe unendlich viel Kraft gekostet. Das Aufstehen, das Essen, das Weiterleben. Eine Zeit lang habe sie das Gefühl gehabt, durchzudrehen, wenn Doreen nicht augenblicklich zurückkommt. „Es hat körperlich wehgetan“, veranschaulicht Heike Wiesner. Neben dem Schmerz über den Verlust quälten sie für lange Zeit rasende Wut und irrationale Schuldgefühle. „Ich fragte mich: Warum habe ich ihr die Fahrstunden erlaubt? Wieso habe ich sie an dem Nachmittag nicht mit dem Auto gebracht? Vor allem die Nächte waren schlimm“, erinnert sie sich.


Ein halbes Jahr nach Doreens Tod konnte sie beginnen, Bücher über Trauer zu lesen. Zweieinhalb Jahre danach raffte die Bäuerin sich auf, zur Kur zu fahren. „Eigentlich wollte ich nicht. Ich wollte traurig sein, hatte Angst, Doreen zu vergessen, wenn ich Dinge unternehmen würde“, erinnert sie sich. Doch während der Kur konnte sie Vertrauen zu einer Psychologin mit ähnlichem Schicksal fassen. Die Gespräche halfen ihr.


In besonderer Erinnerung ist ihr ein Morgen im Juni 2013. Der Unfall ist nun drei Jahre her. Das Ehepaar hat einen schönen Abend mit Freunden verbracht und etwas länger geschlafen. Die Vögel lärmen morgens vor dem Fenster. „‚Waren die schon immer so laut‘, fragte ich meinen Mann. Auch er war verwundert“, berichtet Heike Wiesner. „Es war buchstäblich so, als hätten die Vögel für uns aufgehört zu singen. An diesem Morgen haben sie wieder angefangen.“


Nach und nach haben sie sich seit diesem Tag die Freude, die schönen Momente zurückerobert. Dabei geholfen haben ihnen vor allem die Gespräche mit Freunden. Für Berührungsängste und „Totschweigen“ hat Heike Wiesner zwar Verständnis, doch sie lässt sie nicht gelten. Ihr ist es wichtig, über ihre Gefühle, über Doreen zu sprechen. „Die Trauer ist jetzt ein Teil von uns. Sie hat uns verändert“, sagt sie. Sie sei jetzt dankbarer für den Moment, kann über Fehler großzügiger hinwegsehen. „Es kam auch Gutes dadurch in unser Leben. Und Doreen ist sowieso überall.“ ▶


-kh-

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