Herr Dr. Herbst, Sie arbeiten beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Als Leiter des Zentrums für agrarmeteorologische Forschung in Braunschweig geben Sie aber keine allgemeinen Wettervorhersagen heraus. Was machen Sie stattdessen?
Dr. Herbst: Mit meinem Team beschäftige ich mich mit den Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Boden und Vegetation. Eine für die Landwirtschaft wichtige Kennzahl ist die Bodenfeuchte: Hier wollen wir noch genauer berechnen können als bisher, bis wohin welche Pflanze wann ihre Wurzeln ausgestreckt hat. Daraus leiten wir dann ab, wie viel Wasser ihr noch zur Verfügung steht und ob die Landwirte beregnen sollten oder ob sie sich das sparen können. Ein solcher „Bodenfeuchtemonitor“ wird bald, frei zugänglich, auf der DWD-Homepage zu finden sein. Aktuell sichern wir unsere Berechnungen mit Daten aus zusätzlichen Messstellen ab.
Was gehört sonst noch zu den Aufgaben Ihres Referats?
Dr. Herbst: Wenn die Landwirte wegen der klimatischen Bedingungen kaum Ernte einfahren konnten, belegen wir das gegenüber den Versicherungen mit entsprechenden Zahlen. Und, in Dürrejahren wie 2018 melden wir dem Landwirtschaftsministerium unter anderem, welche Regionen und Pflanzen besonders betroffen waren. Daraufhin schüttet es eventuell Ausgleichszahlungen aus. Der Winter ist meist Vortragssaison. Dann spreche ich vor Bauernverbänden, Junglandwirten oder Landfrauen über den Klimawandel und seine Folgen für die Landwirtschaft.
Wie reagieren die Leute darauf?
Dr. Herbst: Viele spüren Veränderungen durch den Klimawandel schon bei der Bewirtschaftung und fragen sich, was sie tun sollen. In letzter Zeit waren die Landwirte irritiert, getroffen, manchmal wütend, in den Medien auch noch für den Klimawandel verantwortlich gemacht zu werden.
Und was antworten Sie ihnen?
Dr. Herbst: Natürlich ist die Landwirtschaft nicht allein dafür verantwortlich. Zahlen vom Thünen-Institut und vom Umweltbundesamt belegen, dass „nur“ etwa 11% der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland auf die Branche zurückzuführen sind. Allerdings trägt sie national auch am meisten zum Ausstoß von Methan und Lachgas bei. Da gibt es durchaus noch Potenzial für mehr Klimaschutz.
Was wünschen Sie sich für den kommenden Sommer?
Dr. Herbst: Regen! Wir können keinen vierten Dürresommer gebrauchen. Die Böden müssen auch in tieferen Schichten endlich wieder aufgefüllt werden – vor allem, um die Ernten zu sichern. Aber auch wegen meines Gartens. Ich hoffe, dass meine Zwiebeln, Möhren und Radieschen gut angehen.
melanie.suttarp@topagrar.com
Dr. Mathias Herbst
Agrarmeteorologe, Botaniker & Zahlenjongleur