Frau Sigel, nehmen Beziehungsprobleme auf den Höfen zu?
Sigel: Ja! Unser Team hier im Raum Nordwürttemberg und auch das Bildungshaus Kloster St. Ulrich bei Freiburg berät immer häufiger in puncto Beziehungskrise und Trennung. Früher verharrten die Menschen sehr lange in einer Problemsituation. Sie öffneten sich erst spät, meist war der Konflikt bereits eskaliert. Heute melden sich die Paare früh und sind meist auch jünger.
Ist das ein gutes Zeichen?
Sigel: Ja. Ein Paar, das sich seinen Problemen stellt, anhält und hinschaut, hat große Chancen, wieder zueinander zu finden. Oft bricht das Eis einfach deshalb, weil die Eheleute mit einer neutralen Person am Tisch sitzen und Klarheit in ihre verfahrene Situation bringen.
Kennen die Paare ihren Problem-Mix denn nicht selbst am besten?
Sigel: Nein, nicht immer. ‚Wir haben Stress mit den Senioren, klassischer Generationskonflikt‘, heißt es oft. Im Gespräch zeigt sich dann aber: Es geht zuallererst um die Ehe der Junioren. Sie wackelt, weil z.B. der Mann nicht eindeutig hinter seiner Frau steht, die Frau anstelle des Mannes Ringkämpfe mit seinen Eltern führt, der eine den anderen bei Investitionen außen vor lässt.
Ist der Hof also eine Bedrohung?
Sigel: Nein. Doch jedes Paar, alt oder jung, muss für sich festlegen, wie viel Zeit/Raum die Beziehung bzw. Familie bekommt, und wie viel der Betrieb. Sonst ist die Krise vorprogrammiert.