Seit der Pest im Jahr 1633 führen die braven Bürger aus dem bayerischen Oberammergau alle zehn Jahre ihr weltberühmtes und inzwischen zum „immateriellen Kulturerbe“ zählendes Spiel vom Leiden und Sterben Jesu Christi auf. Nächstes Jahr ist es wieder mal so weit. Darsteller sind neben Männern, Frauen und Kindern aus dem Ort auch ein Esel.
Kürzlich wurde der beschauliche Ort in den bayerischen Bergen wieder heimgesucht. Diesmal nicht von der Pest, sondern von PETA. Das ist die amerikanische Abkürzung von “Menschen für ethische Behandlung von Tieren“. Deren „Fachreferent“ (für Eseleien?) stellte nun die Forderung auf, man möge den Jesus doch mit einem E-Roller nach Jerusalem einlaufen lassen, anstatt auf einem Esel. Aus Tierschutzgründen. Würde der Gekreuzigte heute leben, so meinte er, dann würde dieser bestimmt auch elektrisch daherkommen. Ich bin mir da nicht so sicher. Gut, E-Roller sind ähnlich störrisch wie Esel. In den Fußgängerzonen stehen sie oft mitten auf der Straße rum und stören den Verkehr. Aber ein Tier, welches 4000 Jahre vor Christi Geburt am Nil schon domestiziert wurde und welches die Römer zu Beginn des Christentums zu uns über die Alpen gebracht haben, ist sicher schon an größere Strapazen gewöhnt, als ein paar Minuten einen leichtgewichtigen Schauspieler über die Bühne zu tragen. Also, wenn Sie mich fragen. Es ist wieder mal Zeit für ein Gelübde: Ich gelobe hiermit feierlich, ein Spiel vom Leiden und Sterben des gesunden Menschenverstandes aufzuführen, wenn wir in Zukunft von PETA verschont werden. Und statt mit einem E-Scooter werde ich dabei auf einem Esel über die Bühne reiten. Denn ob es die Elektroroller noch lange geben wird, da bin ich mir nicht sicher. Aber die Esel sterben niemals aus. Übrigens: Wussten Sie, dass es in Deutschland zwei Quarantäneseuchen gibt? Eine davon ist die Pest. Der Name der zweiten liegt mir auf der Zunge.
Herzlichst Ihr Hans Neumayer