Annalena Baerbock,Kanzlerkandidatin der Grünen, stellte sich am Donnerstagabend in derZDF-Sendung „klartext, Frau Baerbock!“den Fragen einiger Bürger. Mit dabei war auch eine Milchviehhalterin aus Nordhessen, die Baerbock klare Fragen stellte und ihr deutlich Kontra gab.
Aussagen zu „regional und bio“ überzeugen Landwirtin nicht
Die Landwirtin konfrontierte Baerbock mit einer Frage zu Klima und Lebensmitteln: „Rindfleisch kommt aus Argentinien, Zuckerrohr aus Brasilien, Weizen aus der Ukraine. Was wollen Sie tun, um die deutsche Bevölkerung zukünftig klimafreundlich mit Lebensmitteln zu versorgen?" Und das, wenn jeden Tag sieben Familienbetriebe, die der Verbraucher ja immer so gerne haben möchte, vor Verzweiflung aufgeben, so die Landwirtin. „Indem wir regionale und vor allem Bio-Produkte aus der Region stärken“, sagte Baerbock und verwies auf den Applaus für die Frage. Laut Baerbock würden die meisten Menschen gerne regionale und gesunde Lebensmittel kaufen, woraufhin die Landwirtin lächelnd den Kopf schüttelte.
„Ich muss Ihnen da leider ein bisschen widersprechen“, entgegnete die Milchviehhalterin. Mit den Konsumenten sei das wie mit den Politikern - offiziell spreche natürlich jeder davon, dass ihm regionales Essen wichtig sei, aber im Supermarkt werde dann wieder anders entschieden. „Ich gebe Ihnen Recht, da gibt es noch eine Menge zu tun“, sagte Baerbock. Es gebe aber Fortschritte beim Fleisch- und Ei-Konsum. „Wir brauchen faire Handelsbedingungen und eine EU-Agrarförderung, die nicht dafür sorgt, dass mit der Gießkanne Fördermittel verteilt werden", so die Kanzlerkandidatin. Stattdessen wolle sie Kleinbauern und Landwirte vor Ort fördern, die sich um "öffentliche Aufgaben", wie Tiere, gesunde Lebensmittel und die Böden kümmern.
Klare Kennzeichnung für Fleisch
Doch angesichts der Fakten leuchtete das der Landwirtin nicht ein: „Warum wird dann noch nicht einmal 5 % Bio-Fleisch gekauft? Warum fahren Milchtanker mit Bio-Milch quer durch Deutschland, werden die Bio-Milch nicht los und die Bio-Erzeuger bekommen nur den konventionellen Preis?“
Daraufhin schlug Baerbock scherzend eine Umfrage vor, wer alles Bio-Milch kaufen wolle. Um dann im ernsten Ton zu sagen, dass die Kennzeichnung der Produkte wichtig sei - das habe man am Beispiel von Eiern gesehen, ob diese aus „Massentierhaltungsanlagen“ oder von Freiland- oder Biohühnern stammen. Auch für Fleisch sei eine klare Kennzeichnung notwendig. „Weil die Landwirtschaftsministerin es nicht gebacken bekommen hat, zu sagen, welches Fleisch ist eigentlich aus guter Tierhaltung“, teilte sie gegen Julia Klöckner aus.
Baerbock liegt mit Milchpreis-Schätzung daneben
Beim Stichwort Massentierhaltung zeigte sich die Landwirtin Baerbock gegenüber skeptisch. Sie fragte Baerbock, wann denn bei ihr Massentierhaltung überhaupt anfängt und ob sie weiß, was der Landwirt heute für einen Liter Milch bekommt.
Da sind diese Massentierhaltungsanlagen (...), wo zigtausende von Hühnchen auf der Fläche eines DIN-A5-Zettels zusammengepfercht sind. - Annalena Baerbock
„Unter den Verkaufspreis...“ setzte sie etwas nuschelnd an. „Wissen Sie es?“, hakte die Landwirtin nach. „Ich würde sagen 50 Cent?“, antwortete Baerbock fragend. „31 lächerliche Cent“, löste die Nordhessin auf. Sie erklärte, dass eine Kuh 30 Liter Milch pro Tag gibt, das seien 9 €, die man von der Kuh habe. Davon müsse man Lohn, Wasser, Strom und so weiter bezahlen, also sei es nicht verwunderlich, wenn dann auch mehr als 20 Kühe im Stall stehen.„Dann geht die Diskussion mit der Massentierhaltung los.“
„Massentierhaltungsanlagen in Sachsen und Brandenburg“
Für Baerbock seien 20 oder auch 100 Kühe im Stall keine Massentierhaltung. In Sachsen oder Brandenburg sei das aber anders. „Da sind diese Massentierhaltungsanlagen, weil die ganzen Flächen aufgekauft wurden, nicht von Landwirten, sondern von Hedgefonds, die dann eine Massentierhaltungsanlage draufbauen, wo zigtausende von Hühnchen auf der Fläche eines DIN-A5-Zettels zusammengepfercht sind." Das sei für sie "industrielle Massentierhaltung“. Förderungen dürften nicht in solche Betriebe gehen, so die Kanzlerkandidatin.
Mit der Feststellung, man sehe der Fragestellerin „die Skepsis“ an, „die bleibt“, beendete Moderatorin Bettina Schausten das Themenfeld. Am Abend stellte sich Baerbock noch anderen Fragen, unter anderem zur Rentenpolitik, zum CO2-Ausstoß in der Industrie, zur Windenergie und zu den Corona-Regeln.