Berlin hat geliefert: Auf Anfrage von top agrar bestätigte die EU-Kommission in Brüssel am Freitagabend den Erhalt von Änderungsvorschlägen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur bestehenden Düngeverordnung. Am Tag vor Ablauf der von Brüssel eingeräumten Erklärungsfrist hatte das BMEL am Donnerstag konkrete Änderungsvorschläge unterbreitet, um die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) beanstandeten Verstöße gegen die EU-Nitrat-Richtlinie in Deutschland auszuräumen.
Die EU-Kommission hatte insbesondere den überhöhten Nährstoffkontrollwert von 60/50 kg Stickstoff pro Hektar scharf kritisiert. Die festgelegten Werte in Deutschland sind mit EU-Recht unvereinbar und verletzen die von der Bundesrepublik Deutschland mitbeschlossene EU-Nitrat-Richtlinie zum Grundwasserschutz und der Volksgesundheit, verlautete in Brüssel.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kam im Sommer 2018 zum Schluß, dass die alte deutsche Düngeverordnung mit EU-Recht unvereinbar sei und umgehende Maßnahmen in den belasteten Gebieten zu ergreifen sei
BMEL lenkte erst nach Androhung von Tagesgeldbußen von fast einer Millionen Euro ein
Das Landwirtschaftsministerium unter Leitung von Ministerin Julia Klöckner hatte erst Mitte Januar des neuen Jahres Verhandlungen mit den zuständigen Dienststellen in Brüssel aufgenommen, um eine Lösung der anhängigen Vertragsverletzung anzustrengen.
Erst die Androhung eines zweiten Vertragsverletzungsverfahrens vor den höchsten europäischen Richtern zur Durchsetzung der Rechtskonformität des europäischen Umweltrechts in Deutschland und die Androhung von Geldbußen in Tagessätzen von bis zu 861.000 Euro in einem zweiten Vertragsverletzungsverfahren des EuGH brachte Deutschland zur Räson. Ohne einschneidende Maßnahmen hätte sich Deutschland diesen hohen angedrohten Geldbußen nicht entziehen können.
Die EU-Kommission erklärte gegenüber top agrar, dass sie die eingereichten Vorschläge des BMEL prüfen werde und in den kommenden Wochen eine Bewertung vornehmen werde. Vor allem gelte es zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen der Bundesregierung geeignet seien, die Überdüngung in Problemregionen zurückzufahren und Konformität mit dem EU-Recht herzustellen.
Deutschland schob notwendige Änderung der Düngeverordnung auf die lange Bank
In den Niederlanden, dem EU-Land mit dem dichtesten Viehbesatz pro Hektar musste der Nachbarstaat sein Milchkühe-Kontingent um 11 Prozent reduzieren, um die von der EU-Richtlinie geforderten Phosphatgrenzwerte einhalten zu können. Auch in Dänemark wurde als Konsequenz der EU-weitbeschlossenen Nitrat-Richtlinie eine Reduktion der Düngung um 20 Prozent landesweit durchgesetzt. Frankreich sieht sich in Regionen mit hohem Tierbesatz ebenso mit Problemen konfrontiert.
Auch der deutschen Landwirtschaft stehen „tiefgreifende Änderungen“ bevor, wie es aus den Kommissionsdienststellen verlautet. Bis auf den letzten Drücker mit angezeigten Maßnahmen zu warten, ziehe ein jetzt wohl beschleunigtes Verfahren von Änderungen in der deutschen Landwirtschaft in der Massentierhaltung und Düngepraxis nach sich, kommentierte ein mit dem Dossier befasster EU-Diplomat.