Nun haben sich auch die agrarpolitischen Sprecher der Fraktionen der CDU und CSU in den Bundesländern für einen neuen Gesellschaftsvertrag zur Zukunft der Landwirtschaft entschieden. Wie sie sich diesen vorstellen, haben sie am Freitag in einer Resolution verabschiedet. „Zwischen der Landwirtschaft und ihrem gesellschaftlichen Umfeld ist im Laufe der Zeit eine tiefe Kluft entstanden – zunächst fast unbemerkt, mittlerweile aber unübersehbar“, heißt es in der „Hannoversche Resolution“, die die Agrarsprecher bei ihrer Tagung in Hannover beschlossen.
Ihre Position platzierten die Agrarsprecher der Union damit unmittelbar vor den Start der Zukunftskommission Landwirtschaft am heutigen Montag. Zusammenfassend wollen die Agrarsprecher sich laut ihrer Resolution dafür einsetzen, dass
- Leitbilder entwickelt werden, an denen sich die Landwirtschaft und die Agrarpolitik der Zukunft orientieren können,
- die Mehrkosten beziffert werden, die aus der Umsetzung gesellschaftlich mehrheitsfähiger Leitbilder resultieren,
- Finanzierungs- und Vertragsmodelle entwickelt werden, die landwirtschaftlichen Betrieben die Erbringung von Gemeinwohlleistungen erlauben und Planungssicherheit bieten,
- Konzepte für eine soziale Flankierung veränderter Produktionsstandards entwickelt werden,
- der Rechtsrahmen für die Umsetzung des neuen Gesellschaftsvertrags und damit die Entwicklung einer gesellschaftlich akzeptierten Landwirtschaft der Zukunft fit gemacht wird,
- fortlaufend ein umfassender Informationsprozess und Dialog mit allen gesellschaftlichen Anspruchsgruppen geführt wird,
- der digitale und technologische Fortschritt verstärkt vorangetrieben wird und die deutsche Landwirtschaft in diesem Sinne in allen ihren Strukturen durch eine angemessene Unterstützung gesichert wird.
„Als Christdemokraten haben wir mal sozialdemokratische, mal liberale und mal grüne Partner an unserer Seite. Das bedingt eine enge Abstimmung untereinander“, erklärte der Sprecher der Agrarpolitiker, Helmut Dammann-Tamke, aus Niedersachsen am Rande der zweitägigen Zusammenkunft.
Die Land- und Ernährungswirtschaft befinde sich in einer Umbruchsphase, wie man an der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatte sehen könne, stellte Dammann-Tamke fest. Tierwohl, Artenvielfalt, Biodiversität und Gewässerschutz stünden beispielhaft für die Themen, die Gesellschaft, Land- und Ernährungswirtschaft derzeit bewegten. Ziel der Tagung sei auch gewesen, bei diesen Sachfragen den Markenkern als CDU/CSU herauszuarbeiten. „Wir wollen eine zukunftsorientierte Landwirtschaft, die fest in der Mitte unserer Gesellschaft verankert ist“, so der CDU-Agrarpolitiker.
Nach Beobachtung der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast steht ein Mehr an Tierschutz, Biodiversität und Klima- und Gewässerschutz gesellschaftlich hoch im Kurs. „Das geht nur zusammen mit den Landwirten; sie sind Teil der Lösung“, betonte Otte-Kinast.
Wissenschaftler raten schon seit Jahren dazu, über einen Gesellschaftsvertrag die Ansprüche und Notwendigkeiten für die Landwirtschaft der Zukunft zwischen der Gesellschaft und der Praxis auszuhandeln. Politisch hatte sich sehr früh das Bundesumweltministerium (BMU) zunächst unter der SPD-Ministerin Barbara Hendricks und dann mit Svenja Schulze an der Spitze für einen Gesellschaftsvertrag ausgesprochen. Unter den Landwirtschaftsverbänden hatten sich dann die Landfrauen als starke Fürsprecherinnen für den Gesellschaftsvertrag hervorgetan. Sie forderten bereits zu Beginn der Bauernproteste im Herbst 2019 "eine gemeinsame Vision für die heimische Landwirtschaft" über einen Gesellschaftsvertrag. An die Bundesregierung wendeten sich die Landfrauen dann im Dezember 2019 und forderten diese in einem Positionspapier dazu auf, an einem Gesellschaftsvertrag zu arbeiten.