Frau Prof. Hessel, Sie sagen „Das einzelne Tier rückt durch die Digitalisierung wieder mehr in den Vordergrund.“ Was heißt das?
Prof. Dr. Hessel: Wir entwickeln zunehmend Methoden, die es uns ermöglichen, das Tier gezielt als Einzeltier zu betrachten und entsprechend zu füttern und medizinisch zu behandeln. Im Moment ist es so, dass wir das Tier meist innerhalb einer Gruppe sehen. Egal ob als ein Tier in einer 20er-Bucht Mastschweine oder als eins unter 40.000 Masthähnchen. Da zählen Mittelwerte, die sich auf die Gruppe beziehen. Wenn wir technologisch dahin kommen, Informationen und Daten aus dem Stall zu generieren und sie auf das einzelne Tier herunterzubrechen, dann können wir sagen, was dieses Einzeltier konkret braucht.
Welche Vorteile hätte das für das Tier, den Landwirt – und für die Gesellschaft?
Prof. Dr. Hessel: Am dringendsten brennt uns doch derzeit der Ressourcenschutz und das Tierwohl unter den Nägeln. Beides ließe sich durch die Betrachtung des Einzeltieres verbessern. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Gefüttert wird heute meist nach einem Gruppenmittelwert. Wenn die Tiere im Durchschnitt soundso schwer sind, dann braucht die Gruppe soundso viel Futter. Weiß ich aber für das einzelne Tier, ob es sein Fressverhalten im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen verändert hat und kombiniere ich dieses Wissen noch mit seinem Bewegungsmuster, dann könnten kluge Algorithmen daraus künftig Rückschlüsse auf die Tiergesundheit ziehen.