Die Verbraucherorganisation Foodwatch nutzt die Regierungsbildungsphase, um für die Ampelkennzeichnung und die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln zu werben. Die bisherigen Bundesregierungen lehnten verbindliche Kennzeichnungen ab.
Die Bundesregierung wehrt sich seit Jahren gegen die immer wieder von Verbraucherschützern vorgebrachte Forderung nach einer Nährwertampel. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat diese Woche Mitten in den Sondierungsverhandlungen für eine neue Bundesregierung einen neuen Anlauf gestartet. In Berlin präsentierte Foodwatch eine entsprechende eigene Analyse. "Bei der Lebensmittelkennzeichnung versagt die Politik seit Jahren. Die geltenden Kennzeichnungsregeln machen es Verbraucherinnen und Verbrauchern schwer, im Supermarkt durchzublicken - und ermöglichen es den Herstellern ganz legal zu tricksen und zu täuschen", sagte Sophie Unger von Foodwatch.
Forderung nach einer Herkunftskennzeichnung
Neben der Ampelkennzeichnung fordert Foodwatch außerdem eine Herkunftskennzeichnung. Verbraucher erführen bei verarbeiteten Lebensmitteln meist nichts über die Herkunft der Zutaten, heißt es bei Foodwatch. Das Europäische Parlament hatte in der Debatte um die EU-Lebensmittelinformationsverordnung im Jahr 2016 eine Pflicht zur Herkunftskennzeichnung für Milch, Milchprodukte sowie für verarbeitetes Fleisch gefordert. Allerdings hat die EU-Kommission bisher keine entsprechende Initiative eingebracht. Derzeit gelten lediglich für unverarbeitetes Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Geflügel eine verpflichtende Herkunftsangabe sowie entsprechende Informationspflichten für Rindfleisch, Eier (Stempelcode) und die meisten unverarbeiteten Obst- und Gemüsesorten. Deutschland hat bisher keine Ausweitung einer rechtlich verpflichtenden Herkunftskennzeichnung über diese Produkte hinaus verfolgt. Die ehemalige Bundesagrarministerin Ilse Aigner hatte stattdessen das freiwillige Siegel "Regionalfenster" eingeführt.
Frankreich und Großbritannien sind Vorreiter
In Frankreich können Lebensmittelhersteller seit diesem Monat ihre Produkte mit einer neuen Nähwert-Ampel kennzeichnen. Der französische Gesundheitsminister hat die Ampel als freiwilliges Kennzeichnungssystem für Lebensmittel auf den Weg gebracht. Dabei werden Angaben zu Fett, Zucker oder Salz mit den Farben Rot, Gelb und Grün gekennzeichnet - je nachdem ob die Nährwertangaben bestimmte Grenzwerte über- bzw. unterschreiten. Großbritannien war bereits 2013 mit seiner Ampel-Kennzeichnung gestartet und hatte damit innerhalb der EU einen Sonderweg beschritten. Außerdem gilt in Frankreich seit Anfang 2017 für viele in Frankreich hergestellte Produkte wie Milch, Milchprodukte oder verarbeitetes Fleisch eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Italien führte daraufhin eine ähnliche Regelung ein, auch Spanien, Griechenland und Finnland haben eine Herkunftskennzeichnung für Milch und Milchprodukte beschlossen.
Lebensmittelwirtschaft ist nicht begeistert
Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) argumentiert ebenfalls seit Jahren gegen eine Nährwertampel und zeigt sich auch hinsichtlich einer Ausweitung der Herkunftskennzeichnung skeptisch. Aus seiner Sicht bringt die Ampelkennzeichnung keine Transparenz. „Mit einem Ampelsystem, dass sich lediglich auf vier Nährstoffe bezieht, ist eine zutreffende Einordnung eines Produktes und seiner Bedeutung für die Gesamternährung nicht möglich, denn zentrale Informationen wie die zum Brennwert, also zum Kaloriengehalt, und zu anderen wichtigen Nährstoffen werden nicht berücksichtigt“, lautet die BLL Position. Die farbliche Bewertung einiger weniger Nährstoffe eines Lebensmittels trage nicht zu einem besseren Verständnis einer ausgewogenen Ernährung bei, so die Auffassung des BLL. Aus seiner Sicht sind die Kriterien für die Farbumschläge intransparent. Verbraucher könnten nicht wissen, ab wann etwas noch grün, schon gelb oder gar rot ist, heißt es.