Ein Kommentar von Torsten Altmann, top agrar Österreich:
Stellen Sie sich vor: Sie unternehmen am Wochenende eine Wanderung in die Berge. Nach mehrstündigem, anstrengenden Fußmarsch über Stock und Stein erreichen Sie die sehnsüchtig herbeigesehnte Almhütte.
Jetzt ein gemütliches Plätzchen suchen und eine deftige Stärkung in einer Hütte bestellen. Ein schöner Gedanke, oder? Doch beim Blick auf die Karte denken Sie im ersten Moment vermutlich an einen Aprilscherz: Statt Schinken, Speck und Käse gibt es hier Weißkrautstrudel, Gemüsebratling, Grießbrei etc. – halt nur vegetarisches und veganes Essen.
Was für die meisten „Otto Normal-Verbraucher“ kaum vorstellbar ist, ist auf der Franz-Fischer-Hütte bei Zederhaus im Salzburger Lungau seit einem Jahr gelebte Praxis. Essen mitten in den Bergen nur für Veganer und Vegetarier. Zu bedenken ist dabei: Deren Anteil an der Bevölkerung steigt zwar langsam, liegt aber aktuell gerade einmal bei rund 5 %.
Auszeichnung für eine fleischlose Almhütte ist gut gemeint, aber falsch gedacht.
Ganz aus dem Häuschen ob der fleischlosen Kost in 2.000 m Höhe scheint jetzt der Österreichische Alpenverein zu sein. Denn soeben hat er die Franz-Fischer-Hütte mit seinem Umweltgütesiegel ausgezeichnet. Dieses erhalten solche der 231 vom Verein betriebenen Hütten, die sich im Bereich Umwelt und ökologischer Bewirtschaftung besonders auszeichnen.
Konkret heißt es: „Die Hütte wurde als erste 100 % rein vegetarisch-vegane Hütte geadelt. Hüttenpächterin Evelyn Faber kocht und backt ganz bewusst geschmacksintensive, nahrhafte und fleischlose Alternativen.“
Okay, jeder Gastronom kann seine Küche natürlich führen, wie er will. Aber jedenfalls werden sich viele unserer Almbauern angesichts dieser Auszeichnung durch den Alpenverein vor den Kopf gestoßen fühlen. Wie würde denn der Weg zur Franz-Fischer-Hütte aussehen, wenn nicht die Bauern die Berglandschaft mühselig mit ihren Tieren pflegen würden?
Der Alpenraum ist geprägt von Grünland. Und nur mit Wiederkäuern ist es möglich, daraus Nahrungsmittel herzustellen und damit den hohen ökologischen Wert auf diesen Flächen aufrechtzuerhalten. Im Umkehrschluss gäbe es ohne Wiederkäuer also keine Nahrungsmittel aus Grünland. Die Folgen wären eine Verbuschung und der Biodiversitäts-Verlust der Alpen.
Deshalb ist es alles andere als sinnvoll, auf genau diese standortangepassten Nahrungsmittel wie Milchprodukte und Fleisch zu verzichten. Unser Urteil: Gut gemeint, aber falsch gedacht in einem Gebiet, wo vegane oder vegetarische Ernährung mit ausschließlich regionalen Produkten nicht möglich ist!
Und ganz ehrlich: Bei aller Einsicht für eine Ernährung mit mehr Gemüse: Am Berg mag ich eine Brettljause und keinen Hummus-Quinoa-Auflauf.