Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will sich in die Budgetdiskussion der Initiative Tierwohl nicht einmischen. Das vom BMEL geförderte Tierwohllabel mit dem Tierschutzbund will er evaluieren. Die Verbraucher geben an, dass ihnen Tierwohl 6,50 € pro Kilogramm Fleisch wert ist.
Schmidt vermeidet es zum Streit zwischen Landwirtschaft und Handel über das Budget der Initiative Tierwohl Position zu beziehen. „Ich werde mich in die Preisbildung nicht einmischen“, sagte Schmidt gegenüber top agrar. Der Preis für mehr Tierwohl werde an der Ladentheke gemacht, begründete er seine Zurückhaltung weiter.
Landwirtschaft und Handel zerstritten
Anfang der Woche hatte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, sich für eine Verdreifachung des Budgets der Initiative Tierwohl ausgesprochen. Den Lebensmittelhandel forderte er auf, den Beitrag zum Tierwohlfonds von 4 auf 12 Cent/Kilo Fleisch zu erhöhen. Rukwied setzte damit noch eins drauf auf die Forderungen des Westfälischen Landwirtschaftsverbandes, der bereits vor Weihnachten zu Protesten gegen den Lebensmittelhandel aufrief und eine Erhöhung auf 6 Cent/ Kilo verlangte. Die Lebensmittelhandelsketten können sich hingegen nicht zu einer gemeinsamen Erhöhung ihres Beitrages durchringen. Marktführer Edeka will darüber erst nachdenken, wenn eine „vertraglich vereinbarte Erfolgsmessung der Maßnahmen“ vorliegt.
Lebensmittelkette in der Verantwortung
Einen Seitenhieb auf die Lebensmittelverarbeiter und Händler konnte sich Schmidt aber dennoch nicht verkneifen. "Ich muss die Lebensmittelkette insgesamt in die Verantwortung nehmen", sagte er. Dies wolle er mit seinen Gesprächen, die auf den im Dezember 2015 statt gefunden Lebensmittelgipfel folgen sollen, bezwecken. "Der Lebensmittelgipfel hat sich mit den Arbeitsgruppen vertieft und nicht vertagt", sagte er.
Lahmendes Tierwohllabel soll überprüft werden
Skeptisch äußert sich Schmidt zu dem vom seinem Ministerium geförderten Tierwohllabel vom Deutschen Tierschutzbund. Er müsse feststellen, dass dieses in einem Nischenbereich gut ginge, so Schmidt. Den Sprung in den großen Markt hat es jedoch bisher verfehlt. „Wir werden nachprüfen müssen, woran das liegt“, kündigte Schmidt gegenüber top agrar an.
Die Verbraucher geben indes weiter an, dass ihnen höhere Anstrengungen zum Tierwohl seitens der Landwirtschaft etwas wert sind. Laut dem Ernährungsbericht 2016, den Schmidt am Dienstag in Berlin vorstellte, sagten 45 Prozent der Befragten, dass sie „auf jeden Fall bereit sind“ mehr zu zahlen, wenn dafür das Tierwohl in den Ställen verbessert würde. Weitere 44 Prozent sind „eher bereit“ dazu. Für 7 Prozent kommt es „eher nicht“ und für 2 Prozent „auf keinen Fall“ in Frage mehr Geld für Produkte auszugeben, damit in Tierwohl investiert wird.
Schmidt wertet Verbraucherinteresse als Chance
Agrarminister Schmidt bewertete dies als "Chance für mehr Tierwohl". Er sehe weiterhin "Potenzial für diesen Markt", sagte Schmidt weiter. Laut dem Ernährungsreport wären die Befragten im Schnitt bereit, 16,50 € für ein Kilogramm Fleisch aus stärker tiergerechter Haltung zu bezahlen, wenn das Kilogramm Fleisch aus herkömmlicher Produktion 10 € kosten würde. Das wäre ein Aufschlag von 6,50 €/Kilo. Die Statistiker geben dafür unterschiedliche Bewertungen zwischen den Altersklassen an. Danach steigt die Investitionsbereitschaft für 1 Kilo Fleisch bei den 19- bis 29-Jährigen auf 20 € an. Forsa Chef Manfred Güllner, dessen Institut die Befragung durchführte, mahnte jedoch bei der Interpretation der konkreten Zahlungsbereitschaft der Verbraucher zur Vorsicht.
Hintergründe:
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