Kurz vor den Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten über den EU-Finanzrahmen ab 2021 in dieser Woche lässt eine Nachricht über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufhorchen. Laut einem Bericht des Spiegels vom Wochenende ist Merkel zu finanziellen Zugeständnissen bei den bevorstehenden Verhandlungen über den Mehrjahreshaushalt für die Zeit von 2021 bis 2027 bereit. Allerdings fordert Merkel dafür dem Bericht zufolge verstärkte Ausgaben für Zukunftsaufgaben und weniger Geld für den Agrarbereich.
Zugeständnisse will die Kanzlerin danach davon abhängig machen, in welchem Umfang die EU-Partnerländer Umschichtungen im EU-Etat zustimmen. Das Angebot der Kanzlerin laute: Wenn der künftige Rahmenhaushalt modernisiert werde, werde Deutschland noch etwas drauflegen, heißt es.
Groko wollte Agrarbudget unangetastet lassen
In den Koalitionsverhandlungen hatten sich CDU, CSU und SPD Anfang des Jahres 2018 noch auf ein gleichbleibendes EU-Agrarbudget zur Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) festgelegt. In ihren Koalitionsvertrag schieb die Groko dazu folgenden Satz: „Wir streben eine Haushaltsausstattung im bisherigen Volumen auf EU-Ebene an“. Darauf beruft sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) auch regelmäßig, wenn sie auf die Höhe des EU-Agrarbudgets ab 2021 angesprochen wird.
Kompromiss des neuen EU-Ratschefs
Am vergangenen Freitag hatte der neue EU-Ratschef, der Belgier Charles Michel, einen neuen Kompromiss für den europäischen Etat vorgelegt. Dieser sieht laut Medienangaben ein Budget in Höhe von 1,074 % der EU-Wirtschaftsleistung vor. Dieser Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) soll für den gesamten Zeitraum bis 2027 gut eine Billion € umfassen. Weniger Mittel will auch Michel für die gemeinsame Agrarpolitik ausgeben, die von 382,5 Mrd. € (ohne Großbritannien) auf 329,3 Mrd. € schrumpfen würde. Danach soll die Erste Säule mit den Direktzahlungen glimpflicher davonkommen als die Zweite Säule mit den Agrarumweltmaßnahmen und dem Fonds für Ländliche Entwicklung.
Zuletzt hatte die finnische EU-Präsidentschaft im vergangenen Jahr eine Quote von 1,07 % ins Spiel gebracht. Bislang stand Deutschland ähnlich wie Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Schweden auf dem Standpunkt, dass das künftige EU-Budget nicht größer sein darf als 1,0 % der EU-Wirtschaftsleistung. Die EU-Kommission hatte hingegen ein höheres Volumen von 1,11 % gefordert.
Entscheidung in deutscher EU-Ratspräsidentschaft ab Juli
Sollte Ratspräsident Michel mit seinem jetzt verbreiteten Vorschlag scheitern, fällt die Suche nach einem Kompromiss wohl in die deutsche Ratspräsidentschaft, die im zweiten Halbjahr 2020 ansteht, heißt es. Dann soll auch der Schlussstrich unter die seit einem Jahr stockenden Verhandlungen um die EU-Agrarreform gezogen werden. Auch hier schauen viele EU-Mitgliedstaaten auf das Verhandlungsgeschick Deutschlands in der Endphase der Verhandlungen.