Mit Blick auf die Kritik einiger EU-Mitgliedstaaten an steigenden Beiträgen für den vorgeschlagenen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 bis 2027 und die Kürzungen beim EU-Agrarhaushalt hat der österreichische Europaabgeordnete und EVP-Agrarpolitiker Dr. Othmar Karas die Mitgliedstaaten zu einer größeren Bereitschaft für höhere Zahlungen nach Brüssel ermutigt.
Jeder Euro für Europa sei eine Investition in die Zukunft, gerade wenn man an die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) denke, betont der ehemalige Vizepräsident des Europaparlaments im Interview mit AGRA-EUROPE. Nur mit steigenden Beiträgen der Mitgliedstaaten seien die von der Kommission vorgeschlagenen Kürzungen im Agraretat zu vermeiden.
Nach Ansicht von Karas würden vor allem die vorgeschlagenen starken Kürzungen bei der Zweiten Säule sein Heimatland Österreich ganz besonders treffen. Die Vorfestlegung der Wiener Regierung, die aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehat, kein zusätzliches Geld für die Europäische Union ausgeben zu wollen, findet daher nicht die Unterstützung des ÖVP-Parlamentariers.
Um eine stärkere Unabhängigkeit der Europäischen Union in der Finanzierung ihrer Aufgaben zu gewährleisten, plädiert der Haushaltspolitiker zudem dafür, dass Brüssel mehr Eigenmittel generieren sollte. Als Beispiele nennt der langjährige Europapolitiker eine Digitalabgabe, eine Plastiksteuer und zusätzliche Erlöse aus dem Emissionshandel. Letztere könnten unter Umständen auch eine mögliche Einnahmequelle für die Landwirte sein.
Kappungspläne „taugliche Verhandlungsgrundlage“
Karas, der auch stellvertretendes Mitglied im Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments ist, unterstützt die Idee seines Parteifreundes und ehemaligen EU-Agrarkommissars Dr. Franz Fischler, die Speicherkapazität der Böden für Kohlenstoff zu erhöhen und landwirtschaftliche Flächen so zu Treibhausgassenken zu machen.
Fischler hatte den Gedanken ins Spiel gebracht, dass viele Bewirtschafter über einen Zertifikatehandel nahezu denselben Geldbetrag je Hektar einnehmen könnten, der ihnen zurzeit an Direktzahlungen zufließt. Nach Einschätzung von Karas wäre dafür allerdings ein Kommissionsvorschlag notwendig.
Mit Blick auf die Kappungspläne der Brüsseler Behörde steht der Parlamentarier weitgehend hinter den Vorschlägen von EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Diese seien eine „taugliche Verhandlungsgrundlage“, um gerade kleinere und mittlere Betriebe stärker zu fördern. Derweil vermisst Karas eine stärkere Ausrichtung der von Hogan vorgelegten Pläne auf umweltpolitische Ziele und die Bewahrung der Kulturlandschaft; diese Anliegen würden in den Reformvorschlägen in Teilen zu wenig adressiert, so seine Kritik. Zudem sei die GAP nie „ein reiner Einkommenstransfer“ gewesen.
Als Vorsitzender der Delegation für die parlamentarische Kooperation EU-Russland wirbt Karas mit Blick auf die Handelskonflikte mit Moskau für eine klare und eindeutige Haltung der EU. Der ÖVP-Politiker tritt damit auch Forderungen der FPÖ, dem Koalitionspartner seiner Partei in Wien, entgegen. So seien in erster Linie die Rechtsverletzungen Russlands, etwa in der Ukraine, der Grund für die von der EU gegen Moskau verhängten Sanktionen. Die Gegenreaktion, nämlich das Einfuhrverbot für EU-Agrarprodukte nach Russland, müsse daher getragen werden, bis die bestehenden Vereinbarungen des Minsker Abkommens von Russland erfüllt würden.