Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) möchte eine neue Sondersteuer zur Finanzierung besserer Tierhaltungsbedingungen durchsetzen. „Wir brauchen vermutlich eine Sondersteuer“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) vom Montag. Damit will sie verhindern, dass Landwirte auf den Mehrkosten für mehr Tierwohl sitzenbleiben. „An der Ladenkasse, das wissen wir, wird es freiwillig nicht bezahlt. Da brauchen wir gar nicht drauf zu setzen“, sagte sie.
Otte-Kinast sieht keine Chancen für Klöckners Tierwohllabel
Dem von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geplanten freiwilligen Tierwohllabel rechnet Otte-Kinast weiterhin keine Chancen aus. Auch eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch hält Otte-Kinast für den falschen Ansatz. „Bei der Mehrwertsteuer lässt sich nicht festschreiben, wohin die Mehreinnahmen fließen sollen. Das Geld muss aber beim Bauern ankommen“, so Otte-Kinast weiter.
Klöckner äußert sich skeptisch über Steuererhöhungen
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) reagierte am Montagmittag prompt auf den Vorstoß ihrer Parteifreundin aus Niedersachsen. Geld für mehr Tierwohl müsse „nicht automatisch aus zusätzlichen Steuern oder Steuererhöhungen kommen“, teilte Klöckner mit. „Es braucht einen Mix aus staatlichen Förderinstrumenten und einer Verbraucherbeteiligung an den Kosten, wie dem Tierwohlkennzeichen“, so Klöckner. Klöckner verteidigte weiter ihren Plan für ein freiwilliges staatliches Tierwohlkennzeichen. Es sei ein ein Positivkennzeichen wie das Bio-Siegel und „ein wichtiges Instrument“.
Tierwohlkennzeichen hängt immer noch im Bundestag fest
Klöckners Gesetzentwurf für ein freiwilliges staatliches Tierwohlkennzeichen hängt allerdings derzeit noch im Bundestag fest. Er ist Teil des Agrarpakets, das die Bundesregierung im September 2019 beschlossen hatte. Im Bundestag sind jedoch sowohl Teile der CDU-Fraktion als auch die SPD-Fraktion von dem von der Bundesregierung geplanten Tierwohlkennzeichen abgerückt, so dass es der Entwurf bisher nicht auf die Bundestags Agenda geschafft hat.
Borchert Kommission will im Februar Finanzvorschläge liefern
Spätestens Anfang Februar wird die Frage über die Finanzierung von Tierwohl und Tierhaltung eine neue Facette bekommen. Im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) beschäftigt sich derzeit die sogenannte „Borchert-Kommission“ unter Leitung des ehemaligen CDU-Landwirtschaftsministers Jochen Borchert mit einer überparteilichen und von allen Beteiligten in der Wertschöpfungskette mitgetragenen Strategie für die Zukunft der Nutztierhaltung. Die Kommission will Anfang Februar 2020 ihre Ergebnisse liefern. Dem Vernehmen nach sind dort auch konkrete Vorschläge, wie der Umbau der Tierhaltung finanziert werden soll, zu erwarten. Dazu zählen danach wohl als Alternativen auch die Mehrwehrsteuererhöhung oder eine Tierwohlprämie oder die Förderung über die EU-Agrarzahlungen aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP).
Debatte um Umbau der Tierhaltung dauert seit Jahren an
Zuletzt hatten im Herbst 2019 die Grünen eine Klimagas Bepreisung für Fleisch und tierische Lebensmittel vorgeschlagen. Möglich wäre, mit dem Geld Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtschaft zu unterstützen, hatte Ko-Parteichef Robert Habeck angedeutet. Über die Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung in Deutschland wird seit Jahren gestritten. Bereits im Jahr 2015 hatte ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundesagrarministerium errechnet, dass eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung Mehrkosten von drei bis fünf Mrd. € verursachen würde. Seitdem wird die Frage der Finanzierung politisch herum gereicht aber nicht gelöst.