Die Tierzüchtung bietet mitsamt den zur Diskussion stehenden neuen Methoden neben ökonomischen Zwecken auch Fortschritte für das Tierwohl. Eine der wichtigsten Anwendungen der molekularen Tierzucht sei dabei die leichtere und sichere Identifizierung von Erbfehlern, betonte Prof. Gottfried Brem vom Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien auf einer Vortragstagung der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde (DGfZ) in Bonn.
Erstmals in der Geschichte der Tierzucht sei es grundsätzlich möglich, Populationen von bekannten Fehlern zu befreien. „Nutztierzucht ist hier auch proaktiver Tierschutz“, betonte der Forscher. Einen gesellschaftlichen Dialog über die Züchtungsziele regte Prof. Kay-Uwe Götz vom Institut für Tierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) an. So sei beispielsweise bei der Züchtung hin zu kürzeren Schwänzen bei Schweinen zur Vermeidung des Schwänzebeißens im Vorfeld abzuklären, ob dies überhaupt gesellschaftlich gewünscht sei.
Götz stimmte den Berufsstand auf eine „Tierwohlwende“ ein. Diese sei angesichts der Forderungen der Politik, des Umweltschutzes und des Lebensmitteleinzelhandels unausweichlich. Politische Instrumente wie ein Tierwohlförderungsgesetz müssten die unternehmerischen Einschränkungen der Landwirte jedoch abfangen.
Zunehmende Unterstützung bekommen Viehhalter und Züchter auch von technischer Seite. Der Geschäftsführer der Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung (vit), Dr. Reinhard Reents, stellte Systeme zum präzisen Monitoring der Tiergesundheit vor. Die Preise für Sensorik im Stall sind nach seinen Angaben in den vergangenen zehn Jahren teils um den Faktor 250 zurückgegangen.
Laut Prof. Wolfgang Büscher vom Institut für Landtechnik an der Universität Bonn helfen die Systeme auch beim Stallmanagement, beispielsweise in Form von Reinigungsrobotern.