Treiben die Bauerproteste einen Spaltkeil in die FDP? Bei der Positionierung zu den Demos und zum Agrardiesel tun sich jedenfalls breite Gräben zwischen den Liberalen auf Bundes- und Landesebene auf.
FDP-Generalsekretärin schüttelt über Lindner den Kopf
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner hatte beim Dreikönigstreffen am Samstag in Stuttgart den Ausstieg aus dem Agrardiesel verteidigt und den deutschen Bauern noch unterstellt, sich mit ihren Protesten gegen die Abschaffung des Agrardiesels „verirrt zu haben“. Damit stößt er aber bei der Generalsekretärin der FDP im Agrarland Niedersachsen, Imke Haake, auf deutlichen Widerspruch.
Sie hat eigenen Angaben zufolge bei diesem Satz Lindners „kräftig den Kopf geschüttelt“ und sagt nun: „Wir müssen auf die Landwirtinnen und Landwirte zugehen, ihnen zuhören und gemeinsam mit ihnen pragmatisch, nachhaltig und innovativ in die Zukunft gehen!“ Kompensationslose Streichungen im Agrarhaushalt passen da für sie nicht ins Bild.
Keine Lenkungswirkung zu erwarten
Die FDP-Politikerin ist selbst im Landkreis Oldenburg auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und kann die Streichungspläne der Ampel beim Agrardiesel nicht nachvollziehen. Eine positive Lenkungswirkung sei dadurch nicht zu erwarten, da es in der Landwirtschaft keine Alternativen zu dieselbetriebenen Maschinen gibt. Es würde im Gegenteil das Ziel von Einsparungen beim chemischen Pflanzenschutz konterkariert, wenn die mechanische Unkrautregulierung zusätzlich verteuert würde.
Das Aus einer sachlich begründeten steuerlicher Erstattung würde laut Haake eine empfindliche Steuererhöhung bedeuten, was die FDP doch eigentlich ausgeschlossen hat. „Wir reden beim Agrardiesel über 1 Promille des Bundeshaushaltes“, rechnet Haake vor. Die Streichung dieses Betrages könne den Haushalt wahrlich nicht retten, würde aber viele Betriebe empfindlich treffen.
Die FDP-Generalsekretärin gibt zu bedenken, dass die Agrarpolitiker der FDP-Bundestagsfraktion sich in der Ampelkoalition stets gegen Sonderbelastungen für die deutsche Landwirtschaft gestellt haben, solange die nicht vollständig finanziell ausgeglichen werden. „Dieser Grundsatz würde mit der geplanten Maßnahme gebrochen“, so Haake. Überlegungen, die Mittel durch anderweitige Streichungen im Agrarressort bereitzustellen, erteilt sie ebenfalls eine klare Absage.
Die Pläne müssen vollständig zurückgenommen werden
Für die Liberale bleibt deshalb nur eine Option: „Die Streichungspläne der Bundesregierung im Agrarbereich müssen vollständig zurückgenommen werden.“ Für ein weiteres Sonderopfer des Agrarbereichs gibt es keinerlei Rechtfertigung. Im Ergebnis würde die Verdrängung der Lebensmittelerzeugung ins Ausland weiter befeuert und der Strukturwandel würde weiter angeheizt. Diese Position werde auch durch eine große Mehrheit in der Bevölkerung unterstützt.
Statt bei den Bauern weiter zu kürzen, fordert die FDP Niedersachsen:
- Der Landwirtschaft verlässliche faire Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg einzuräumen
- Wissenschaft statt Ideologie zur Basis der deutschen Agrarpolitik zu machen
- Die Offenheit für technischen und digitalen Fortschritt zu gewährleisten
- Die Ernährungssicherheit in Europa und in Deutschland weiter nachdrücklich zu verfolgen
- Die Bürokratie zu stoppen und Wettbewerbshindernisse zu beseitigen sowie
- Den Tier- und Verbraucherschutz pragmatisch fortzuentwickeln.
„Die Bauern haben sich nicht verrannt, sondern sie haben eine gedeihliche Zukunft und unsere Unterstützung in den ländlichen Räumen verdient“, stellt Haake klar.