Schnelle Liquiditätshilfen in Form staatlich verbürgter Notkredite sind am ehesten geeignet, grundsätzlich wettbewerbsfähigen Unternehmen bei katastrophalen Ernteschäden beispielsweise in Folge einer Dürre das Überleben zu sichern. Zu diesem Ergebnis kommt eine fünfköpfige Gruppe von Wissenschaftlern unter Federführung von Prof. Norbert Hirschauer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in einer aktuellen Analyse.
Den Agrarökonomen zufolge weisen Nothilfen in Form von Schnellkrediten deutliche Vorteile gegenüber Zuschüssen auf. Ein Grund sei die hohe Liquiditätswirkung von Notkrediten im Vergleich zu Zuschüssen. Daneben ermögliche eine staatliche Bürgschaft eine schnelle Bereitstellung der Liquiditätshilfen bei geringem bürokratischem Aufwand.
Die Rückzahlungsverpflichtung gewährleiste zudem, dass Mitnahmeeffekte gering blieben und das Risiko der Verschwendung von Steuermitteln reduziert werde. Schließlich würden unerwünschte Lenkungswirkungen weitgehend vermieden.
Die Wissenschaftler empfehlen nach den Erfahrungen im Dürrejahr 2018 und der absehbaren Wiederholung ausgeprägter Trockenperioden die Erarbeitung eines „Eventualplans“ im Rahmen eines proaktiven staatlichen Krisenmanagements. Dabei sei zu klären, wie der Staat in einem neuerlichen Katastrophenfall mit begrenzten Mittel die Insolvenz existenzbedrohter landwirtschaftlicher Unternehmen abwenden könne.
Zwei Kreditvarianten
Für die Autoren kommen dafür zwei Kreditvarianten in Betracht. Dabei handelt es sich zum einen um einen Schnellkredit ohne Bonitätsprüfung mit staatlicher Bürgschaft von 100 %. Ähnlich wie beim Corona-Schnellkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) könnten beispielsweise ein 3 % über dem Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) liegender Zinssatz sowie tilgungsfreie Jahre und eine variable Laufzeit von bis zu zehn Jahren vereinbart werden.
Zum anderen bringen die Wissenschaftler einen Schnellkredit ins Spiel, der durch Bodeneigentum des Landwirts abgesichert wird. Für einen besicherten Notkredit sei beim gegenwärtigen Zinsniveau ein geringerer Zinssatz zwischen 0 % und 1 % vorstellbar. Der Forschergruppe gehören neben Hirschauer die beiden Professoren Thomas Herzfeld vom Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) und Oliver Mußhoff von der Georg-August-Universität Göttingen sowie Bernhard Forstner und Dr. Frank Offermann vom Thünen-Institut (TI) für Betriebswirtschaft in Braunschweig an.
Kontraproduktive Lenkungswirkungen
Ein schlechtes Zeugnis stellen die Autoren den 2018 gewährten Dürrehilfen aus. Die damalige Ausgestaltung der Zuwendungen mit der Prüfung der Existenzgefährdung über den sogenannten Cashflow III - also Gewinn plus Abschreibung plus Einlagen minus Entnahmen minus Tilgung - habe riskant finanzierte Unternehmen bevorzugt und vorsichtige Unternehmer benachteiligt, die zur eigenen Risikoabsicherung finanzielle Rücklagen gebildet hätten und geringe Kapitaldienstverpflichtungen eingegangen seien.
Dadurch ergeben sich den Agrarökonomen zufolge kontraproduktive Lenkungswirkungen. Einerseits hätten Landwirte einen geringeren Anreiz, sich eigenverantwortlich gegen Risiken abzusichern, wenn sie erwarten könnten, auch zukünftig staatliche Hilfen zu bekommen. Andererseits entstehe ähnlich wie bei subventionierten Versicherungen die Gefahr, dass Landwirte standortunangepasste und ohne Hilfen nicht-wettbewerbsfähige Produktionsverfahren umsetzten.
Betriebswirtschaftlich notwendige Produktionsanpassungen an den Klimawandel würden durch derartige staatliche Eingriffe verhindert oder zumindest verzögert.