Ein hohes Potential zur Risikoabsicherung bescheinigen die Wissenschaftler Prof. Norbert Hirschauer und Prof. Oliver Mußhoff einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage in der Landwirtschaft. In einer aktuellen Analyse agrarpolitischer Maßnahmen zur Risikoabsicherung schneidet die Risikoausgleichsrücklage deutlich besser ab als eine staatliche Unterstützung von Versicherungsprämien oder die steuerliche Gewinnglättung.
Diesen beiden Maßnahmen attestieren die Agrarökonomen hohe Kosten bei relativ geringer Wirksamkeit. So entstünden bei der Subventionierung von Prämien volkswirtschaftliche Verluste, wenn Versicherungen unterhalb ihrer „Produktionskosten“ angeboten würden. Zudem bestehe die Gefahr, dass ein beachtlicher Teil der Subventionen in der Versicherungswirtschaft hängen bleibe.
Die 2016 im Rahmen des Milchmarktsondermaßnahmengesetzes in Deutschland eingeführte steuerliche Gewinnglättung über drei Jahre weist laut Hirschauer und Mußhoff ebenfalls Mängel auf. Diese habe nach einer Untersuchung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH) im Zeitraum 2014 bis 2016 bei insgesamt 2 575 Steuerfällen in gerade einmal 2,6 % der Fälle zu einer Glättung über 500 Euro geführt. Im Schnitt habe die Steuerersparnis bei lediglich 73 Euro je Betrieb gelegen. Damit verbunden sei zugleich ein deutlicher bürokratischer Mehraufwand.
Den Wissenschaftlern zufolge führt die Gewinnglättung ferner dazu, dass sich die Steuerlast tendenziell von „guten Jahren“ in solche mit schwachen Erträgen verlagere und damit regelrecht kontraproduktiv wirke. Sinnvoller und zielgenauer wäre nach ihrer Einschätzung eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage, wie sie auch der Deutsche Bauernverband (DBV) fordere.
Reserve kann Notlagen abfedern
Eine solche Ausgleichsrücklage entspräche nach Darstellung von Hirschauer und Mußhoff einer „betriebseigenen Krisenreserve“ und könnte, so die Einschätzung der Betriebswirtschaftler, Notlagen im Unternehmen abfedern. Voraussetzung dafür wären allerdings klare und einfache Regeln zur Auflösung der Rücklage sowie Sanktionen bei deren Missbrauch.
Zudem sollten staatliche Katastrophenhilfen, die in extremen Schadensjahren gegebenenfalls zusätzlich gewährt werden, aus Sicht von Hirschauer und Mußhoff als Darlehen in die Risikoausgleichsrücklage eingezahlt und aus dieser auch wieder zurückgezahlt werden.
Die Ökonomen empfehlen ferner, dass bei Überschreitung eines definierten Mindesteinkommens, also in „guten Jahren“, ein Teil der Direktzahlungen von den Betrieben zur Bildung der Rücklage eingesetzt werden sollte. Dies könne beispielsweise einen festen Anteil der Direktzahlungen oder den über dem definierten Niveau liegenden Einkommensbetrag betreffen.