Am 05. Dezember war der alljährliche Weltbodentag. Dazu rief die EU-Politikerin Sarah Wiener (Grüne) auf, die Böden besser zu schützen.

Denn: „Unsere Äcker sind ausgelaugt, verdichtet und mit #Pestiziden belastet und Wiesen werden fleißig versiegelt“, schrieb Wiener beim Twitter-Nachfolger X. Man müsse diese besser schützen, auf Böden im schlechten Zustand müssten „agrarökologische Maßnahmen ergriffen werden“, so Wiener.

Neue EU-Bodenrichtlinie geplant

Sie warb in diesem Zuge für eine neue EU-Bodenrichtlinie, die Mitgliedstaaten dazu anhalten soll, den Zustand der Böden umfangreicher zu überwachen.

Alle Böden schlecht? Bauern kontern Wiener

Doch wie schlecht ist es um die Ackerböden wirklich bestellt? Aus Sicht einiger Landwirte und X-Nutzer verallgemeinert Wiener in ihren Aussagen zu stark.

X-Nutzer „Kempersbuur“, der offenbar Landwirt im Sauerland ist, kontert Wiener: „Meine Böden sind keineswegs ausgelaugt. Sie produzieren Lebensmittel, filtern Wasser und dienen als Habitat für allerhand Lebewesen vom Pilz bis zum Hasen.“

Weiter erläutert er: „Gerne möchte ich hier als Landwirt antworten. Ich bewirtschafte meine Äcker konventionell. Meine Feldfrüchte werden nach Bedarf organisch gedüngt und um Mängel auszugleichen ein wenig mineralisch. Den pH Wert im Boden halte ich über die Zugabe von Kalk im Blick.“

Bekenntnis zum Pflanzenschutz

Der Kempersbuur bekennt sich zum chemischen Pflanzenschutz: „Natürlich schütze ich meine Pflanzen nach Bedarf mit chemisch synthetischen Mitteln. Alle dieser Mittel sind durch Behörden wie EFSA und BfR positiv bewertet und für die Anwendung habe ich unter anderem ein Masterstudium mit weiteren Fortbildungen absolviert. Ergebnis sind sichere Produkte, die die Anforderungen als Lebensmittel oder Futter immer sicher erfüllen.“ Das sitzt.

Wiener verpasste Ende November für ihre Vorschläge für die EU-Pflanzenschutzverordnung im Europaparlament eine Mehrheit. Nach einer Kampfabstimmung wiesen die EU-Abgeordneten die SUR genannte Verordnung komplett zurück.

Lob für Landwirt

Der Journalist und Autor Timo Küntzle lobt X-Nutzer Kempersbuur. „Wenn jede/r Landwirt/in auch nach Jahren der immer gleichen Diskussion noch so sachlich und ohne Schaum vor dem Mund über seine Arbeit aufklärt, dann zeigt das Wirkung. Abzulesen nicht zuletzt an jüngsten Abstimmungen in Brüssel. Nur wissensbasierte Landwirtschaft kann Zielkonflikte lösen“, schreibt Küntzle auf X.

Mit Blick auf Wieners Aussagen, meint Küntzle: „‚Ausgelaugt‘ ist ein Boden, wenn permanent mehr Nährstoffe per Ernte entnommen als rückgeführt werden. Unsere Äcker sind alles, nur nicht ‚ausgelaugt‘.“

Landwirt: "Frau Wiener, Ihre Aussage ist Unsinn"

X-Nutzer Heiner Hoogen, laut seinem Profil selbst Bio-Landwirt, teilt die Kritik seines Kollegen: „Liebe Frau Wiener, da schließe ich mich als Bio-Bauer dem Kempersbuur an. Ihre Aussage ist Unsinn. Sie trifft nicht generell zu und verunsichert die Leute.“

Biologe: Evidenz fehlt

Der Berliner Biologe und Mitgründer der Initiative Progressive Agrarwende Martin Reich fragt sich unter Wieners Tweet: „Wo ist die Evidenz? Für die ausgelaugten Böden zum Beispiel. Was ist überhaupt die Definition von "ausgelaugt"?“

Auch Andreas Puckert, nach eigenen Angaben Landwirt aus dem Münsterland, weist Wieners Aussagen zurück: „Ausgelaugt, belastet, vergiftet. Mit dem Post bringt Frau Wiener die Enttäuschung über die verlorene Abstimmung zu #Glyphosat zum Ausdruck. Bei uns und vielen anderen treffen diese Vorwürfe nicht zu!“