Der Hickhack zwischen den EU-Institutionen über das rechtliche Für und Wider nationaler Anbauverbote gentechnisch veränderter Organismen (GVO) geht in eine neue Runde. In einem Arbeitspapier legt die Europäische Kommission jetzt noch einmal im Detail dar, warum sie die vom juristischen Dienst des Rates aufgeworfenen Zweifel für Spiegelfechtereien hält. Der hatte vor kurzem argumentiert, ein Anbauverbot, das auf ethischen Bedenken beruhe, dürfte einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht standhalten.
Die Rechtsexperten der Behörde bekräftigen dagegen ihre Haltung, dass die Ermöglichung von Anbauverboten, die mit ethischen oder sozioökonomischen Bedenken begründet werden, durchaus über Artikel 114 des Vertrags zur Arbeitsweise der Europäischen Union gedeckt sei.
Artikel 114 sieht vor, dass die Rechtsakte der EU "die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben". Der Verordnungsvorschlag habe das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zum Ziel, so die Kommission, was nachweislich sowohl aus dem Text selbst als auch aus den Begleitdokumenten hervorgehe. Die Mitgliedstaaten bekämen auf einheitlicher Rechtsgrundlage zusätzliche Gründe an die Hand, um den GVO-Anbau einzuschränken oder zu verbieten. Als dritte Stimme wird sich jetzt das Europaparlament in die Diskussion einschalten. Derzeit haben neben Deutschland auch Frankreich, Österreich, Ungarn, Griechenland und Luxemburg den Anbau des GV-Maises MON810 unter Verweis auf Zweifel an der Sicherheit der Pflanze untersagt. Weitere Vorbehalte gibt es gegen die Stärkekartoffel Amflora.
vgl.: Urteil: GVO-Haftungsregeln verfassungsgemäß (24.11.2010) Pressestimmen zum Gentechnikurteil (25.11.2010) Bundesregierung will Gentechnikgesetz jetzt weiterentwickeln (25.11.2010)