Bundeskanzler Scholz und anderen Spitzenpolitiker sprechen angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine von einer Zeitenwende. Und in der Tat rücken neben dem unfassbaren Unrecht und dem Leid Themen in den Mittelpunkt, die vor einigen Monaten bei Vielen eher ein müdes Lächeln ausgelöst haben: Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und Energie.
Lange galt das Mantra: Wir schalten ab und steigen aus, und was wir dann selbst nicht mehr produzieren, besorgen wir uns auf dem Weltmarkt. Der Krieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie fragil, ja vielleicht wie dekadent diese Sichtweise ist. Und wenn wir ehrlich sind: Schon vor dem russischen Einmarsch waren die Verbraucherpreise für Lebensmittel und Energie regelrecht explodiert. Und zwar so, dass die Wohlfahrtsverbände bereits nach Unterstützung für die Einkommensschwächeren riefen und die Bundesregierung ein Entlastungspaket schnürte.
Sind wir wirklich auf dem richtigen Weg, wenn wir eine Extensivierung der Landwirtschaft fordern und damit akzeptieren, dass die Erträge deutlich zurückgehen? Sind wir wirklich auf dem richtigen Weg, wenn die GAP 2023 eine Stilllegung von 4% der Ackerflächen fordert? Sind wir wirklich auf dem richtigen Weg, wenn die Farm-to-Fork Strategie eine Halbierung des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln und einen 25% Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen festschreibt?
Die Unabhängigkeit der Bundesrepublik braucht eine starke Landwirtschaft – nicht erst seit der letzten Woche."
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Preissteigerungen schon vor dem Ukrainekrieg gespürt. Sind sie wirklich bereit, eine tiefgreifende Agrarwende zu finanzieren? Und wird der LEH wirklich bei seinem Kurswechsel hin zu mehr Tierwohl und Öko bleiben? Lebensmittelpreise waren in der Geschichte der Menschheit immer von existenzieller Bedeutung. Damit wir uns richtig verstehen: Es muss bei einer nachhaltigen, umweltverträglichen Landwirtschaft mit klaren Regeln bleiben. Daran führt kein Weg vorbei und es gibt noch viel Potenzial, das wir heben können. Aber wie radikal darf der Kurswechsel ausfallen, und können bzw. wollen wir uns einbrechende Erträge und eine sinkende Selbstversorgung noch leisten?
Die Energieversorgung zeigt, wie es gehen könnte. Denn zumindest beim Strom sind wir mit dem Erneuerbaren Energien auf dem richtigen Weg zu mehr Unabhängigkeit. 2021 war ein mäßiges Wind- und Sonnenjahr, trotzdem lag der Anteil Solar- und Windstrom bei 43 %. Hier müssen wir zügig weiter ausbauen und das geht nur zusammen mit der Landwirtschaft.
Die Unabhängigkeit der Bundesrepublik braucht eine starke Landwirtschaft – nicht erst seit der letzten Woche.
Weitere Informationen zu den Auswirkungen auf den Agrarsektor finden Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg.