Die Veränderungsbereitschaft der Tierhalter beim Tierwohl hat der Vizepräsident vom Landesbauernverband (LBV) in Baden-Württemberg, Hans-Benno Wichert, unterstrichen. Diese sei mehr gegeben als vermutet. Der Vizepräsident gab aber zu bedenken, dass solche Veränderungen, auch der Tierschutz, fachlich begründet und mit Planungssicherheit im Stall umsetzbar und finanzierbar sein müssten.
Hier stießen Landwirte etwa bei der Finanzierbarkeit oder bei baurechtlichen Vorgaben an Grenzen. Zugleich warnte Wichert vor Wettbewerbsverzerrungen und einem „Export der Tierhaltung“. Er forderte ein Bekenntnis zu einer Nutztierstrategie von Landwirten, Behörden, Verbraucher-, Tier- und Umweltschutzverbänden sowie der Wissenschaft.
In einer „tiefen Krise“ sieht der Agrarbiologe Rudolf Wiedmann die Schweinehaltung, die so nach seiner Einschätzung „nicht zukunftsfähig“ ist. Dafür sind Wiedmann zufolge die grundlegenden Bedürfnisse der Tiere viel zu selten sichergestellt; und die Haltung der Tiere sei trotz größter Arbeitseffektivität kaum wirtschaftlich.
Der Agrarbiologe erklärte, dass Berufs- und Interessenverbände, der Lebensmitteleinzelhandel und die Wissenschaft dem Tierwohl zu wenig Bedeutung beigemessen hätten. Daneben trage die Politik eine Mitschuld. So fehle ein verpflichtendes, staatliches Tierschutzlabel.
Der bei Kaufland für die Themen Tierwohl und Nachhaltigkeit zuständige Dr. Clemens Dirscherl sieht die anhaltende Debatte um den Tierschutz als Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels. Kaufland wolle hier Trendsetter sein. Die aktuellen Missstände lediglich der Landwirtschaft anzulasten, hält Dirscherl aber für „wohlfeil“. Auch die Wissenschaft habe das Thema Tierwohl lange verschlafen.
Im Hinblick auf die Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration vertrat die baden-württembergische Landesbeauftragte für Tierschutz, Dr. Julia Stubenbord, die Auffassung, dass diese verfassungswidrig sei. Verfassungsrechtliche Gründe für die Unvermeidbarkeit der betäubungslosen Kastration seien nicht ersichtlich. Höhere Kosten für die Landwirte sind nach ihrer Einschätzung juristisch nicht relevant.