Im Rahmen des Kleingewässer-Monitorings des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung hatte der Naturschutzbund (NABU) die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen am 10. November 2021 aufgefordert, die Aufzeichnungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln von Landwirten aus sieben Regionen zu übermitteln, in denen die Messstellen lagen.
In drei Regionen wurden Aufzeichnungen aus dem Jahr 2018, in den weiteren vier Regionen aus 2019 angefordert. Dabei handelt es sich um Aufzeichnungen zur Bewirtschaftung von über 700 Feldblöcken mit mehr als 1.330 Teilschlägen, berichtete das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.
Die Landwirtschaftskammer NRW stellte dazu im Dezember klar, dass sie die Daten herausgeben muss. Etwa 300 Landwirte bekamen daher Post vom Pflanzenschutzdienst. Sie müssen ihre Aufzeichnungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus den Jahren 2018 und 2019 für Flächen im Bereich der betroffenen Kleingewässer mitteilen. Entsprechend groß ist die Verärgerung auf den Höfen.
CDU/FDP: Wer gibt dem Nabu das Recht?
Die nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten Bianca Winkelmann von der CDU und Markus Diekhoff von der FDP nehmen dies zum Anlass, Landesagrarministerin Ursula Heinen-Esser nach dem Recht des Nabu zu fragen, diese Daten abzugreifen. Konkret fragen sie:
- Was bevollmächtigt einen Verein solch sensible Daten abfragen zu dürfen?
- Wie kann gewährleistet werden, dass die Daten der Betriebe geschützt bleiben?
- Wie können wir ausschließen, dass keine Rückschlüsse auf die jeweiligen Betriebe gezogen werden können?
- Was macht der NABU mit diesen Daten?
Die Politiker erinnern daran, welch großer Aufwand zunächst die Anschreiben der 300 Bauern durch die LWK bedeutet haben. Allein das sei ein immenser Verwaltungsakt und binde Kapazitäten bei der Landwirtschaftskammer sowie bei den landwirtschaftlichen Betrieben. Und sollten Landwirte dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird dies als Ordnungswidrigkeit bewertet und kann mit einem hohen Bußgeld geahndet werden. "Solche Maßnahmen sind pure Schikane. Hier werden Landwirtinnen und Landwirte unter Generalverdacht gestellt", so Winkelmann und Diekhoff in ihrem Brief an die Ministerin weiter.
Die Daten sollen zwar anonymisiert übermittelt werden, dennoch würden sich mit den angeforderten Daten leicht Rückschlüsse zu den jeweiligen Bauernfamilien ziehen lassen, schreiben sie. "Kennt man die Schlagnummer, kennt man auch den Betrieb und die entsprechenden Betriebsinhaber. Was bezweckt der NABU mit der Anforderung solcher Daten? Hier wird der Datenschutz mit Füßen getreten."
Die Landtagsabgeordneten betonen, dass die Bauern einen enormen Beitrag für die Gesellschaft und insbesondere für den ländlichen Raum leisten. Sie wirtschafteten nach guter fachlicher Praxis und kämen ihrer Dokumentationspflicht nach. Jeder Landwirt, der Pflanzenschutzmittel erwerben und einsetzen will, müsse über einen Sachkundenachweis verfügen. In den Ackerschlagkarteien würden alle angewendeten Mittel dokumentiert. "In keiner anderen Branche dürfen Vereine einfach Einblicke in die Produktionsabläufe von Unternehmen vornehmen", empören sich Winkelmann und Diekhoff.
Und weiter schreiben sie: "Es steht außer Frage, dass bei Kontrollen oder Verdachtsfällen staatliche Institutionen Aufzeichnungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz kontrollieren und diese auswerten sollten. Nur ist der NABU weder eine staatliche Behörde noch eine wissenschaftliche Institution."
Kann man die Herausgabe verweigern?
Eine Nicht-Beachtung der Auskunftspflicht wird als Ordnungswidrigkeit bewertet und geahndet. Nach dem Pflanzenschutzgesetz ist jeder Betrieb verpflichtet, der zuständigen Behörde auf Verlangen rechtzeitig und vollständig Auskunft zu erteilen. Rechtsmittel gegen das Auskunftsersuchen des Pflanzenschutzdienstes können beim jeweils zuständigen Verwaltungsgericht eingelegt werden. Aufgrund der aktuellen Gerichtsurteile aus Baden-Württemberg zur Herausgabe von Aufzeichnungsunterlagen aus dem Sommer 2021 sind die Erfolgschancen vermutlich relativ gering.
Leserbrief
Der Verein Umweltinstitut München e.V. beantwortet unterdessen in einem Leserbrief die Frage an die Redaktion, wer dem Nabu das Recht gibt: Es seien das EU-Recht und die deutsche Justiz. Hier der ganze Leserbrief: