EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ist mit seiner Ankündigung in der vorigen Woche, dass die Europäische Kommission die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie angesichts des Krieges in der Ukraine auf den Prüfstand stellen werde, offenbar über das Ziel hinausgeschossen.
So stellte der Generaldirektor der Generaldirektion für Landwirtschaft (DG AGRI) der EU-Kommission, Dr. Wolfgang Burtscher, am Mittwoch beim ersten Sondertreffen des Europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) unmissverständlich klar, dass die Brüsseler Behörde an ihren Plänen uneingeschränkt festhalten werde. Der Österreicher verwies darauf, dass auch der Klimawandel drastische Auswirkungen auf die Produktion von Nahrungsmitteln mit sich bringe.
Auch der Stellvertreter Burtschers, der Ire Michael Scannell, betonte bei der Zusammenkunft, dass dies die offizielle Position der DG AGRI sei. Allerdings zeigten sich die Kommissionsbeamten gegenüber Forderungen seitens der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) aufgeschlossen, unter Umständen Brach- und Stilllegungsflächen der Produktion zur Verfügung zu stellen.
Zu Beginn der Woche hatte bereits der für den Green Deal hauptverantwortliche Kommissionsvizepräsident, Frans Timmermans, in einer Anhörung vor dem Umweltausschuss des EU-Parlaments klargestellt, dass die Landwirtschaft ihre Abhängigkeit von mineralischem Dünger weiter reduzieren müsse. Dies sei gerade angesichts der aktuellen Abhängigkeit von russischem Erdgas zwingend.
Beim Treffen des EFSCM wurde dem Vernehmen nach von verschiedenen Akteuren der Lebensmittelkette kritisiert, dass eine Reihe von EU-Ländern Ausfuhrverbote oder -beschränkungen verhängt hätten. Delegierte aus Bulgarien und Ungarn räumten ein, Kontrollen für Weizen, Mais und Sonnenblumen einführen zu wollen. Die EU-Agrar- und Lebensmittelverbände wiesen erneut darauf hin, dass das Funktionieren des Binnenmarktes wie in den frühen Phasen der Corona-Pandemie geschützt werden müsse. Einige südliche Mitgliedsländer wie Zypern hoben ihre Abhängigkeit von Lebensmittelimporten aus der Ukraine hervor. Die Vertreter Spaniens und Portugals erklärten, dass die iberische Halbinsel ihren Maisbedarf bei ausbleibenden ukrainischen Importen nur für drei bis vier Wochen decken könnte.